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Die SVA Aargau hat in den letzten Jahren viel Herzblut und Engagement eingebracht, um sich von einer "Behörde", die sich mehrheitlich verwaltend um Prozesse und Fälle kümmerte, hin zu einer Dienstleisterin, bei der die Menschen im Fokus stehen, zu wandeln. Im Gespräch mit Nancy Wayland Bigler, CEO der SVA Aargau, und Katharina Büeler, Leiterin Existenzsicherung der Invalidenversicherung, habe ich mit zwei Vertreterinnen der SVA Aargau über diesen Veränderungsprozess gesprochen und nach Beweggründen, Learnings und Erfolgen gefragt.

Nancy, als du zur SVA gekommen bist, warum hast du dich an diesem Bild einer "verstaubten Behörde" gestört?

Nancy Wayland Bigler: Die Reise, die wir zusammen unternehmen, nenne ich ‘Von der Behörde zur Dienstleisterin’. Soziale Versicherungen haben ihre Grundlage in der Verfassung und sollten auf der Überzeugung basieren, dass sich die Freiheit und Stärke einer Gesellschaft am Wohl der Schwachen misst. Doch beschäftigen sich Behörden oft mehr mit sich selbst. Es werden Fälle abgewickelt. Für uns als SVA Aargau steht das nicht im Vordergrund, sondern vielmehr die Lösungen. Uns gibt es, um den Versicherten und Arbeitgebern (Dienst-)leistungen zu erbringen. Menschen in anspruchsvollen Lebenssituationen zu begleiten. Unsere Kunden können diese Services nicht woanders erhalten und sind verpflichtet, mit uns zusammenzuarbeiten, da ist es unsere Verantwortung, bestmögliche Services und einfachste Administration anzubieten. Uns treibt die Überzeugung, Mehrwert für unsere Kundinnen und Kunden zu schaffen und Leben zu verändern.

 

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«Uns treibt die Überzeugung, Mehrwert zu schaffen und Leben zu verändern.»
Nancy Wayland Bigler

 

Wie löst man einen solchen Mindshift weg von den Prozessen hin zum Kunden aus, sodass ihn alle Mitarbeitenden durch alle Ebenen hindurch spüren und mitgehen?

Katharina Büeler: Wichtig war, dass die Geschäftsleitung bereits vor Jahren eine Vision entwickelt hat und diese aktiv in den Arbeitsalltag einbindet. Das braucht Mut, aber erst so entstehen neue Erfahrungen und Erfolgsgeschichten. Wir laden die Kunden in den Dialog ein, das erleben die Mitarbeitenden mit.

Nancy Wayland Bigler: Es braucht die Bereitschaft, sich zu exponieren. Am Anfang musst du deine Vision sehr klar vertreten und anderen die Chance geben, an Board zu kommen oder aber abzuspringen. Beides ist okay. Der Anfang war turbulent, ich musste viel über Kommunikation lernen. Dank der zwischenzeitlich entstandenen offenen Gesprächskultur in der SVA haben sich wertvolle Gespräche ergeben, aus denen sich ein Dialog entwickelt hat. Infolge dessen machen sich immer mehr Mitarbeitende auf den Weg und lassen sich von der gemeinsamen Reiseroute, das heisst unserer Vision, überzeugen.

Wie transportiert sich diese gemeinsame Überzeugung dann im Unternehmen am besten?

Nancy Wayland Bigler: Es müssen Bilder geschaffen und vermittelt werden. Bei uns ist das zum Beispiel unser gemeinsam mit den Mitarbeitenden entwickeltes Leitbild. Dieses dient als Orientierung für Fragen, die sich aus dem Veränderungsprozess ergeben und ausdiskutiert werden müssen.

Katharina Büeler: Und es muss in den Alltag übersetzt und von den Führungskräften oder Leaderinnen und Leadern, wie sie bei uns heissen, vorgelebt werden. Weil es in der Veränderung immer Situationen gibt, in denen sie klar und wahrnehmbar für unsere Werte einstehen müssen, ist die Authentizität ihres Verhaltens entscheidend dafür, dass sich diese in der Firma multiplizieren können.

Wenn ich euch zuhören, dann höre ich immer Begriffe wie "wir" oder "gemeinsam", wieso?

Nancy Wayland Bigler: Weil es allein nicht funktioniert. Es bringt nichts, wenn ich als CEO dienstleistungsorientiert bin, aber der Kundenkontakt findet woanders statt. Zusammen haben wir im Rahmen von Customer Journeys mit Vertreterinnen und Vertretern unserer zahlreichen Anspruchsgruppen verstehen gelernt, was unsere Kundinnen und Kunden von uns erwarten. Davon ausgehend, haben wir uns die nötigen Social Skills angeeignet wie beispielsweise das aktive Zuhören. Dass gerade dies früher oft nicht gelang, ist für mich ein zentraler Lernmoment für die Führung. Bei der Kommunikation hängt es vom Empfänger ab, ob sie ankommt. Neu überprüfen deshalb in der SVA Aargau zum Beispiel Mitarbeitende und Mitglieder der Personalkommission unsere Unternehmenskommunikation und geben Feedback. Das ist sehr wertvoll.

Katharina Büeler: Nancy lebt einen wenig hierarchischen Führungsstil vor und initiiert zusammen mit der ganzen Geschäftsleitung, dass wir uns weniger hierarchisch und stärker netzwerkorientiert verhalten. Heute wendet sich ein Lehrling beispielsweise ganz selbstverständlich direkt an Nancy bei Fragen, von denen er sich bei ihr eine gute Antwort erwartet.

Nancy Wayland Bigler: Wir sind noch immer auf dem Weg. Doch die Gehorsamsstruktur in einer hierarchischen Organisation entspricht nicht meiner Logik. Macht doch keinen Sinn, wenn "die unten" immer auf "die oben" warten müssen. Das Ziel ist, in eine sinngestiftete, sinngetriebene Zusammenarbeit zu kommen. Da ist jeder persönliche Beitrag für den Unternehmenserfolg wichtig. Dies wiederum setzt Selbstverantwortung und Reflexionsfähigkeit voraus. Da sind wir, wie viele andere auch, täglich am Üben.

Katharina Büeler: Wir haben anstatt einer Fehlerkultur eine Lernkultur. Nancy hat mal vor einem Plenum einen Fehler eingestanden und offengelegt, was sie daraus gelernt hat. Anhand von diesem beindruckenden Vorbild hat jeder erkannt, dass bei der SVA Aargau offensichtlich Lernen und Ausprobieren erwünscht ist.

 

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«Wir haben bei der SVA Aargau keine Fehlerkultur, sondern eine Lernkultur. Das heisst, Lernen und Ausprobieren sind erwünscht.»
Katharina Büeler

 

 

Dafür braucht man aber die richtigen Leute. Nancy, wie hast du diese an Bord geholt?

Nancy Wayland Bigler: Mission und Vision müssen klar sein, nur so sind sie in der für eine tiefgreifende Transformation nötigen Konsequenz kommunizier- und einforderbar. Einer Behörde geht’s darum, keine Fehler zu machen, sich abzusichern. Eine Dienstleisterin hingegen kümmert sich um die Bedürfnisse des Visavis. Wir als Dienstleisterin in der Existenzsicherung wollen folglich für schnelle Klarheit sorgen. Um diejenigen zu finden, die voll hinter dem stehen, haben wir zunehmend nicht mehr nach Fachspezialisten, sondern nach Menschen mit einer starken Dienstleistungsorientierung gesucht.

Wie habt ihr die Stellschrauben gefunden, die Wirkung im Änderungsprozess erzielten?

Nancy Wayland Bigler: In den Customer Journeys zeigt sich eines ganz eindeutig: wir sind zu langsam. Für uns als SVA Aargau soll deshalb Schnelligkeit ein zentrales Element unserer Qualität sein und nicht der Verlust davon. Aber wie erzeuge ich die dafür nötige Dringlichkeit? Unsere Mitarbeitenden durften den Vertreterinnen und Vertretern aus unseren Anspruchsgruppen (Versicherte, Arbeitgeber, Eltern, Ärzte etc.) einfach mal zuhören, was diese auf ihrer Customer Journey mit der SVA erlebten. Anschliessend erzählten sie den Kollegen das Erlebte und was das Gehörte bei ihnen für Emotionen ausgelöst hatte. Die einzelnen Prozessschritte wurden aus Sicht unserer Kundinnen und Kunden mit grün, gelb und rot bewertet. Viel war rot, sprich "nicht gut". Auffällig war jedoch, dass überall dort, wo ein direkter Kontakt zu uns stattgefunden hatte, dieser mit grün gekennzeichnet war. Das zeigte sehr deutlich, dass der Zugang zu den Abläufen das Problem war. Das so visualisiert zu sehen, bewegte die Mitarbeitenden. Eine tiefe Überzeugung von der Notwendigkeit, die Abläufe zu ändern, konnte so geschaffen werden. Die Gesetze müssen korrekt ausgeführt werden, doch wie wir arbeiten, kann viel bewirken.

Katharina Büeler: Ein gutes Beispiel sind unsere Schreiben, die ich trotz meines Fachhintergrunds teilweise nicht verstehe. Es ist eine Kombination aus Versicherungs-, Juristen-, und Medizinjargon. Was für uns alltäglich ist, wird vom Kunden nicht unbedingt verstanden. Wir werden daher oft als unzugänglich erlebt. In der Customer Journey hat eine Kundin uns auch als Burg beschrieben, zu der man keinen Zugang findet.

Ist euer Chatbot Maxi eines der Projekte, welches Zugänge schafft?

Nancy Wayland Bigler: Maxi ist ein sehr erfolgreiches Produkt, dank dessen sich der Arbeitsaufwand für Mitarbeitende um 30% gesenkt und das Projekt sich somit in 3 Monaten amortisiert hat. Aber er kann den Zugang zur Burg nicht allein öffnen. Er entlastet allerdings bei wiederkehrenden Anfragen, sodass Raum entsteht für die persönliche Kundenberatung in komplexeren Fragen. Wir wollen die Prozesse beschleunigen und wo möglich automatisieren. Damit unsere Mitarbeiter Zeit für persönliche Gespräche mit den Kunden haben.

Katharina Büeler: Maxi ist für die Mitarbeitenden die Bestätigung, dass Änderungen beziehungsweise konkret Automatisierungen möglich sind. Auch der vollautomatisierte Prämienverbilligungsprozess, für den wir 2019 den Digital Economy Award in der Kategorie Digital Transformation NPO & Government gewonnen haben, gehört dazu. Solche Erfolge stärken und motivieren uns. Für die Leader ist Glaubwürdigkeit nach Innen und Aussen wichtig. Zu zeigen, dass man für die Vision einsteht und bereit ist, mit anderen mutig etwas Neues auszuprobieren und Erfolg damit zu haben, dass wir uns an den Kunden orientieren und darauf basierend kluge Prozesse schaffen.

Wie geht’s weiter?

Nancy Wayland Bigler: Eines unserer zentralen Projekte ist es, ein Online Kundenportal für alle unsere Kundinnen und Kunden aufzubauen und ihnen den Servicelevel zu bieten, den sie von anderen Versicherungen kennen und zu Recht auch von uns erwarten. Wir machen das modular und in Iterationen. Als Erstes starten wir mit Eltern von Kindern mit Behinderung. Sie leiden heute unter einer immensen Papierlast. Diese Last wollen wir ihnen zukünftig mit einer digitalen Lösung abnehmen können. Interessant ist, dass unsere Arbeit dadurch natürlich auch einfacher wird und wir wiederum Zeit schaffen für die Aufgaben, welche die kreative Kompetenz von Menschen voraussetzt. Ich bin in der glücklichen Lage, sagen zu können, dass unsere Mitarbeitenden diese Kompetenzen besitzen oder dabei sind, sie sich anzueignen. Dass sie diese zukünftig mit Selbstvertrauen und Selbstwirksamkeit zum Einsatz bringen - auch daran arbeiten wir gemeinsam.

Das ganze Gespräch können Sie sich auch in unserer cmm360 Podcast-Reihe "Nice to Meet You" anhören.

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