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Schriftliche Verträge: Wann und wie und warum?

cmm360 - 1. April 2010

Autor: Dr. Robert G. Briner, Partner der Kanzlei CMS von Erlach Henrici AG

Schriftlichkeit ist im Gesetz nur ganz selten vorgeschrieben – und bedeutet erst noch etwas anderes als man meinen würde.

Das Schweizer Obligationenrecht (OR) enthält das Vertragsrecht. In Art. 11 OR heisst es recht lapidar, «Verträge bedürfen zu ihrer Gültigkeit nur dann einer besonderen Form, wenn das Gesetz eine solche vorschreibt.»

Wir schliessen täglich und laufend gültige (!) Verträge ab, ohne es wirklich zu merken und ohne uns an «eine besondere Form» zu halten oder halten zu müssen. Am Kiosk erstehen wir eine Zeitung – Kaufvertrag. Telefonische Tischreservation beim Restaurant – Reservationsvertrag. Beim Konditor bestellen wir eine Torte mit Geburtstagswünschen drauf – Werkvertrag. Am Billetautomaten drücken wir Tasten, werfen Geld ein, und bekommen (hoffentlich …) ein Ticket – Transportvertrag. Über das Web buchen wir Flug, Mietauto und Hotelunterkunft –Transportvertrag, Mietvertrag, Gastaufnahmevertrag.

Allen diesen Verträgen ist etwas gemeinsam: Sie werden nicht schriftlich abgeschlossen. Manchmal werden sie wenigs-tens mündlich abgeschlossen, zum Beispiel die telefonische Reservation oder die Tortenbestellung. Aber viele Verträge kommen sogar ohne zu reden zustande: der Kauf einer Zeitung am Kiosk – man hält die Zeitung und das Geld hin –, ebenso der Einkauf beim Grossverteiler, oder der Transportvertrag am Automaten (dass man die Dinger gelegentlich laut beschimpft hat nichts mit dem Vertragsabschluss zu tun!), und alle über Web geschlossenen Verträge.
«Nicht schriftlich» ist das, was das Gesetz in Art. 11 OR im Kern meint. Was dort «besondere Form» heisst, bedeutet Schriftlichkeit im rechtlichen Sinn. Und was ist damit gemeint? Gemeint ist nicht nur «schriftlich» im Sinne von «auf Papier», sondern auch «unterschrieben», so aus-drück-lich Art. 13 OR. Die Unterschrift ist gemäss Art. 14 OR «eigen-händig» zu schreiben, womit das Gesetz sogenannte Faksimilestempel oder heutzutage eine eingescannte pdf- oder jpg-Unterschrift ausschliesst. Eigenhändig heisst, wie es das Wort sagt, dass man ein Schreibzeug in die Hand nimmt und den Vertrag unterschreibt.

Diese gesetzliche Form der «Schriftlichkeit» kommt im Gesetz nur selten vor. Schriftlichkeit ist zum Beispiel für Konku-renzverbote in Arbeitsverträgen erforderlich oder für Bürgschaftserklärungen. Alles andere ist formfrei gültig, also ohne zu schreiben und sogar ohne zu reden.

Merkwürdigerweise schreibt das Gesetz nirgends vor, dass der Vertrag auch ein Datum tragen müsse, um als «schriflich» zu gelten. Das Gesetz schreibt nicht einmal vor, dass der Vertrag selber unterschrieben sein müsse. Es würde für die gesetzliche Schriftform genügen, wenn ein nichtunterschriebener und undatierter Vertrag vorliegt, und man in einem unterzeichneten Brief schreibt, man sei damit einverstanden!
Das verträgt sich gar nicht mit dem Sicherheitsbedürfnis der meisten Leute, wenn sie einen wichtigen Vertrag aschliessen. Man will ein Stück Papier, datiert, unterschrieben, an dem man sich «festhalten» kann. Aus diesem Grunde wird in wichtigen Verträgen regelmässig vereinbart, dass der Vertrag schriftlich abgeschlossen werde.
Das Gesetz sagt in Art. 16 Abs. 2 OR, dass mit einem solchen Schriftlichkeitsvorbehalt auf die Art. 11/13/14 OR verwiesen werde. Das liegt aber, wie man sieht, unterhalb dessen, was sich die Parteien üblicherweise vorstellen. Gleichzeitig verstehen aber viele Leute unter einm «schriftlichen» Vertrag auch ein Stück Papier, auf dem die vertraglichen Abmachungen festgehalten sind. Wer hat nicht schon Verträge gesehen, die nur eine statt zwei Unterschriften tragen, die kein oder ein falsches Datum tragen.

Und jetzt wird’s interessant!

Wer hätte nicht schon festgestellt, dass es in Verträgen heisst, das Auftragsänderungen «schriftlich» erfolgen müssten, diese dann aber in der Praxis per E-Mail kommen, die ja nicht eigenhändig unterzeichnet sind. Dieser Bedeutungswandel von «schriftlich» in der heutigen Zeit hat dazu geführt, dass in Verträ-gen oft steht, dass sie nur gültig sind, wenn sie «schriftlich und beidseits unterzeichnet» vorliegen.
Es gibt einen weiteren interessanten Punkt. Wenn das Gesetz Schriftlichkeit vorschreibt, dann tut es das, um die Ver-tragsparteien darauf aufmerksam zu machen, dass sie etwas Wichtiges tun. Eben zum Beispiel ein Konkurrenzverbot unterschreiben. Wenn im Vertragsalltag Schriftlichkeit vorbehalten wird, muss man den Parteien meistens nicht mehr sagen, dass sie etwas Wichtiges tun. Schriftlichkeit wird aus einem ganz anderen Grund verlangt: man will einen Be-weis dessen in Händen haben, was vereinbart wurde.

Dieser sogenannte Sicherungszweck der Schriftlichkeit steht im Alltag weit im Vordergrund. Er ist auch der Grund dafür, weshalb man vom Automaten (hoffentlich) ein Ticket bekommt: Es beweist den nicht-schriftlichen Transportvertrag. Für den Juristen ist das zwar eine Quittung, kein schriftlicher Vertrag, aber das tut hier zur Veranschaulichung nichts zur Sache. Etwas in Händen haben, darum geht es. Und diese Schriftlichkeit haben wir auch mit einem Vertrag in Word oder in einem E Mail!
Und damit sind wir beim grossen Thema der Verträge, die über Web geschlossen werden. Wenn wir mal digitale Signaturen (Art. 14 Abs. 2bis OR) weglassen, kann kein Vertrag über Web «schriftlich» abgeschlossen werden. Aber etwas in Händen haben möchte man trotzdem. Und das ist der Hintergrund für die Bestätigungen und Bestätigungsmails: Be-weismaterial für den Vertragsabschluss!
Und was gilt bei telefonischen Bestellungen von Kunden? Verträge am Telefon werden mündlich abgeschlossen, genau wie die Tischreservation, und sind daher im Normalfall problemlos gültig. Nur mit den Bestätigungen ist es so eine Sache. Beim Grossverteiler bekommen wir Ware gegen Geld, am Automaten das Ticket, beim Bücherkauf über Web einen Printout und ein Mail. Aber am Telefon? Was für die Tischreservation beim Restaurant problemlos ist, weil es (noch) um kein Geld geht, ist beim Telefonverkauf oft nicht mehr so harmlos.

Also am einfachsten das Telefongespräch mitschneiden und damit einen soliden Beweis für das Besprochene haben? Achtung, das kann strafbar sein! Artikel 179quinquies des Strafgesetzbuches (StGB) erlaubt nur das Mitschneiden von Anrufen des Kunden ohne vorgängiges Einverständnis des Kunden. Oder andersherum: Beim Outbound-Call darf nur mitgeschnitten werden, wenn man den Kunden darüber informiert (es gibt Ausnahmen, aber dazu ein andermal). Das Bundesgericht hatte zwar noch keinen solchen Fall zu beurteilen, hat aber grundsätzlich eine strenge Praxis entwickelt. Also Vorsicht. Sicherheitsbedürfnis beim Telefonverkauf ist schon recht, aber nicht um den Preis von Freiheitsstrafe bis zu drei Jahren.
Schriftlichkeit von Verträgen im kleinen Alltag überhaupt kein Thema, bei wichtigen Verträgen ein grosses Thema, und ein merkwürdig unbekanntes, oft trickreiches Thema.

Über den Autor

Dr. Robert G. Briner ist Partner der Kanzlei CMS von Erlach Henrici AG. Der Rechtsexperte befasst sich seit 25 Jahren mit Technologierecht und ist Vortragender am Call Center Summit von ZfU.

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