Die Optimierung von Customer Journeys ist entscheidend für Unternehmenserfolg und Kundenzufriedenheit. Sie umfasst den gesamten Weg eines Kunden – von der ersten Interaktion bis zur Zielerreichung. Herausforderungen wie die richtige Metrik-Definition, Datenintegration und Verantwortlichkeitsverteilung müssen überwunden werden. Erfolgreiche Strategien setzen auf bereichsübergreifende Zusammenarbeit, datenbasierte Entscheidungen und eine kundenzentrierte Denkweise. Durch gezielte Massnahmen können Unternehmen sowohl Kundenerlebnisse verbessern als auch betriebliche Effizienz steigern. Technologie und passende Metriken spielen dabei eine Schlüsselrolle.
In einer Welt, in der Kundenerlebnisse über Erfolg und Misserfolg eines Unternehmens oder eines Produkts entscheiden, gewinnt die Optimierung von Customer Journeys zunehmend an Bedeutung. Maxie Schmidt, Vice President und Principal Analyst bei Forrester, teilt in diesem Interview ihre Erkenntnisse darüber, wie Unternehmen Customer Journeys so gestalten können, dass sie sowohl für KundInnen als auch für das Unternehmen Mehrwert schaffen. Von der Definition aussagekräftiger Metriken bis hin zur Überwindung organisatorischer Hürden.
Dr. Maxie Schmidt spricht zum Thema am Swiss Customer Relations Forum 2025.
Wie definierst du «Customer Journey»?
Maxie Schmidt: Eine Customer Journey ist der gesamte Weg, den eine Kundin oder ein Kunde geht, um ein Ziel zu erreichen. Sie umfasst Interaktionen mit Ihrem Unternehmen sowie mit anderen beteiligten Unternehmen, sprich auch jene Schritte, die ein Kunde oder eine Kundin alleine unternimmt. Wichtig ist, dass es sich um das Ziel der Kundin oder des Kunden handelt, nicht um das des Unternehmens. Die Customer Journey endet folglich nicht an der Unternehmensgrenze. Zum Beispiel: Wenn Kundinnen oder Kunden ein Produkt kaufen wollen, gehören zur Journey die Online-Recherche, der Besuch verschiedener Geschäfte, der eigentliche Kauf und sogar erste Schritte der Nutzung. Indem Unternehmen Kundenreisen verstehen – vom Auslöser bis zum Ende aus Kundensicht, können sie diese verbessern.
Welche Herausforderungen siehst du bei der Optimierung von Customer Journeys?
Es gibt in meinen Augen drei Hauptherausforderungen:
- Die Definition der richtigen Metriken: Es ist oft schwierig, die richtigen Kennzahlen zu finden, die sowohl den Erfolg der Kundin oder des Kunden als auch den des Unternehmens messen.
- Das Zusammenführen von Daten aus verschiedenen Systemen: Viele Unternehmen kämpfen damit, Daten aus verschiedenen Quellen zu integrieren, um ein ganzheitliches Bild der Customer Journey zu erhalten.
- Die Schaffung von Verantwortlichkeiten für Customer Journeys im Unternehmen: Oft sind verschiedene Abteilungen für unterschiedliche Teile von Customer Journeys verantwortlich, was die Optimierung erschwert.
Besonders der letzte Punkt erfordert oft ein Umdenken in der Organisationsstruktur. Es geht darum, Silos aufzubrechen und eine ganzheitliche Sichtweise auf Kundenerfahrungen zu entwickeln.
Wie kann man diese Herausforderungen angehen?
Der Schlüssel liegt im Fokus und im «Learning by Doing». Denn nur, wenn Mitarbeitende im Unternehmen neue kundenorientierte Arbeitsweisen erleben, wird sich deren Einstellung und damit die Kultur des Unternehmens ändern. Unternehmen sollten mit einer spezifischen Customer Journey beginnen und alle beteiligten Abteilungen an einen Tisch bringen. Definieren Sie zunächst gemeinsam, was Erfolg für diese Customer Journey bedeutet – sowohl aus Kunden- als auch aus Unternehmenssicht. Entwickeln Sie dann zusammen Metriken, die diesen Erfolg messen, und Signalmetriken, die frühzeitig erkennen lassen, ob die Customer Journey überhaupt erfolgreich sein wird.
Für die Datenintegration ist es hilfreich, mit den vorhandenen Daten zu beginnen und schrittweise weitere Datenquellen hinzuzufügen. Was die Verantwortlichkeiten betrifft, entscheiden Sie zunächst, für welche Detailmetriken wer am Tisch verantwortlich zeichnen sollte und ob es einen Customer Journey-Owner auf Führungsebene gibt, der die Gesamtverantwortung übernimmt oder ob alle Beteiligten gemeinsam die Verantwortung für eine Erfolgsmetrik übernehmen. Viele Unternehmen richten auch Customer Journey-Teams ein oder ernennen Journey-Manager, um die Arbeit zu professionalisieren.
Wie stellt man sicher, dass eine Customer Journey sowohl für den Kunden als auch für das Unternehmen Wert schafft?
Als CX-Verantwortliche oder CX-Verantwortlicher muss man die Kundenperspektive vertreten, aber dabei auch die Unternehmensziele im Blick behalten. Man sollte sich fragen: Wie können Kundinnen und Kunden ihr Ziel einfacher und besser erreichen? Wie können wir gleichzeitig unsere Geschäftsziele erfüllen? Der Schlüssel liegt darin, die Ziele der KundInnen mit den Zielen des Unternehmens in Einklang zu bringen. Oft führt eine Verbesserung der Kundenerfahrung auch zu besseren Geschäftsergebnissen. Wenn Kundinnen und Kunden ihre Ziele einfacher erreichen, sind sie zufriedener, bleiben treuer und empfehlen das Unternehmen häufiger weiter.
Ein wichtiger Aspekt ist auch die Effizienz. Indem wir die Customer Journey für KundInnen vereinfachen, können wir oft auch interne Prozesse optimieren und Kosten senken. Es geht darum, eine Win-Win-Situation zu schaffen. Wichtig dafür: Unternehmen brauchen fundiertere Ansätze und Tools, mit denen sie die Wertschöpfung für KundInnen und Unternehmen messen und langfristig optimieren können.
Welche Rolle spielen demnach Daten und Technologie bei der Optimierung von Customer Journeys?
Daten und Technologie sind entscheidende Enabler. Sie helfen uns, Kundenverhalten zu verstehen und Optimierungspotenziale zu identifizieren. Tools wie «Identity and Access Management», «Real-Time-Interaction Management» und «Journey Orchestrierung» unterstützen Unternehmen dabei, Customer Journeys datengetrieben zu analysieren und zu verbessern. Daten ermöglichen es uns zudem, die Customer Journey in Echtzeit zu verfolgen und zu verstehen.
Wir können sehen, wo eine Kundin oder ein Kunde Probleme hat, wo sie oder er abbricht und wo sie oder er erfolgreich ist. Diese Erkenntnisse sind Gold wert für die Optimierung. Technologie hilft uns dabei, diese Daten zu sammeln, zu analysieren und darauf zu reagieren. Zum Beispiel können wir mit Real-Time-Interaction Management Tools auf das aktuelle Verhalten einer Kundin oder eines Kunden zugeschnittene Interaktionen anbieten oder Angebote machen. Customer Journey Orchestrierung ermöglicht es uns darüber hinaus, die gesamte Journey über verschiedene Kanäle hinweg konsistent zu gestalten. Aber es ist wichtig zu betonen, dass Technologie nur ein Werkzeug ist. Der eigentliche Wert entsteht durch die richtigen Strategien und die Menschen, die diese Technologien einsetzen.
Welche Metriken empfiehlst du für die Messung des Erfolgs von Customer Journeys?
Bei der Messung des Erfolgs von Customer Journeys ist es wichtig, sowohl kundenzentrierte als auch unternehmenszentrierte Metriken zu berücksichtigen. Jedes Unternehmen muss diese Metriken basierend auf dem eigenen Kontext und den spezifischen Zielen für die Customer Journey definieren.
Oft relevante Kennzahlen sind:
- Zielerreichungsrate für KundInnen: Wie viele Kundinnen und Kunden erreichen ihre Ziele? Und zwar nicht nur kurzfristige, sondern auch langfristige (z. B. Konto eröffnen vs. Konto nutzen).
- Einfachheit für KundInnen: Wie einfach oder schwierig war es für die Kundin oder den Kunden, sein Ziel zu erreichen? Dies kann durch Umfragen oder durch die Analyse von Verhaltensmustern gemessen werden.
- Kundenzufriedenheit und Loyalität: Gemessen in oder nach einer Customer Journey, helfen diese Metriken, diese oder KundInnen zu identifizieren, deren Sentiment oder emotionale Loyalität ein Unternehmen genauer beleuchten sollte.
- Durchlaufzeit: Wie lange dauert es, bis KundInnen ihr Ziel erreichen? Eine kürzere Zeit ist oft, aber nicht immer, besser.
- Ausstiegspunkte: In welchen Customer Journey Schritten brechen KundInnen ab? Dies kann auf Probleme oder Frustrationspunkte hinweisen.
- Wiederholungsrate: Wie oft durchlaufen KundInnen die gleiche Journey erneut? Dies kann je nach Kontext positiv oder negativ sein.
- Kosten der Customer Journey: Was sind Servicekosten, Marketingkosten, Infrastrukturkosten etc.? Je mehr KundInnen das Unternehmen zum Beispiel um Hilfe bitten müssen, desto höher sind diese Kosten.
- Umsatz- oder Gewinnbeitrag der Customer Journey: Welchen finanziellen Wert generiert die Journey für das Unternehmen? Unter Berücksichtigung der übergeordneten Unternehmensziele identifizieren Sie Metriken, die die direkte Wirkung der Customer Journey messen.
Welchen Rat gibst du CX-Profis für die Optimierung von Customer Journeys?
Wie schon gesagt: Es braucht Fokus! Beginnen Sie mit einer Customer Journey und lernen Sie gemeinsam mit allen Beteiligten daraus. Auch wichtig: Anstatt mit Fachbegriffen um sich zu werfen, zeigen Sie, wie Ihre Customer Journey Tools (Journey Maps, Journey Atlas etc.) konkrete Probleme lösen können.
Hier sind einige weitere Tipps:
- Tauchen Sie in die Kundenperspektive ein: Interviewen Sie Kundinnen und Kunden, statt ihnen nur Umfragen zu schicken, beobachten Sie diese bei der Nutzung Ihrer Produkte oder Dienstleistungen und nutzen Sie Analysetools, um das Kundenverhalten zu verstehen.
- Bringen Sie Abteilungen zusammen: Viele verschiedene Teams beeinflussen Customer Journeys. Bauen Sie Brücken und fördern Sie die Zusammenarbeit zwischen den Teams.
- Priorisieren Sie nach Wirkung und Machbarkeit: Konzentrieren Sie sich auf die Customer Journeys, die wichtig für KundInnen, Mitarbeitende, die Marke und Geschäftsergebnisse sind, aber für die Sie als Team und als Organisation auch so aufgestellt sind, dass sie diese verbessern können.
- Überstürzen Sie die Definition von Metriken nicht: Beschränken Sie sich nicht auf «Standardmetriken». Definieren Sie stattdessen dezidierte Ziele und woran Sie sehen, dass Sie diese erreicht haben. Darauf basierend können Sie dann effektive Metriken definieren.

Meike Tarabori
Im Januar 2019 übernahm Meike Tarabori die Position als Chefredakteurin des cmm360, das renommierte Schweizer Magazin für Customer Relations Stars und Service Champions. Als erfahrene Expertin für Marketing und Kommunikation mit Abschlüssen in Business, Marketing und deutscher Literatur hat sie wertvolle Erfahrungen unter anderem bei Unternehmen wie KUKA Robotics und zuletzt beim Cybathlon ETH Zürich gesammelt. Im Rahmen eines umfangreichen Rebranding-Projekts verlieh sie dem cmm360 seine aktuelle, moderne Ausrichtung. Seitdem hat sie nicht nur die Onlinepräsenz des Magazins erfolgreich etabliert, sondern kontinuierlich neue Formate wie die Podcasts «Nice To Meet You», «Meike's Raumzeit» und «ICT Talk» entwickelt. Darüber hinaus fungiert sie als Organisatorin des Schweizer Customer Relations Awards, eine Plattform, die innovative Projekte zur Gestaltung nachhaltiger Kundenbeziehungen und einzigartiger Kundeninteraktionen würdigt und auszeichnet.