Das Metaverse, als digitales und virtuelles Äquivalent unserer physischen Welt, bietet eine immersive Erfahrung. Es ermöglicht entweder den vollständigen Einstieg in eine durch Computer generierte Welt oder die Verschmelzung von virtueller und realer Welt durch Augmented Reality. Der Zugang zu diesen Erlebnissen benötigt heute nicht mehr zwingend teure VR-Brille.
In der Diskussion rund um das Metaverse fällt häufig der Begriff «Digital Twin». Dies bezeichnet ein virtuelles Modell eines physischen Objekts oder einer physischen Umgebung, das über den gesamten Lebenszyklus des Objekts bestehen bleibt. Digitale Zwillinge können so vielfältig wie die reale Welt selbst sein und alles von Einzelgeräten in einer Produktionshalle bis hin zu komplexen Systemen wie Windkraftanlagen oder sogar ganzen Städten abbilden.
Spielerische Lernmöglichkeiten
Der Gaming-Sektor ist seit langem Vorreiter in der Entwicklung hyperrealistischer 3D-Welten, die ebenso Geschäftsmodelle beherbergen. Obwohl das Interesse am Metaverse nach dem Rückgang der Popularität von Second Life und der noch unverwirklichten virtuellen Welt von Meta nachgelassen hat, zeigt es in der Geschäftswelt weiterhin beeindruckende Vitalität. Die Fähigkeit, reale und virtuelle Welten zu verbinden, eröffnet Möglichkeiten, die bisher unvorstellbar waren.
Laut Forbes Magazine sind in den USA bereits die ersten virtuellen Einkaufszentren entstanden, in denen Unternehmen Ladenfläche mieten können. Benutzer können sich in diesen Umgebungen bewegen, als würden sie ein Videospiel spielen, Produkte aus den Regalen nehmen, in 3D betrachten und kaufen.
Diese Umgebungen bieten auch neue Kommunikationsmöglichkeiten. Avatare können in virtuellen Chats miteinander sprechen, anstelle von zeitaufwändigem E-Mail-Austausch. Produktpräsentationen können in einer 3D-Umgebung stattfinden, zu der Kunden eingeladen werden. Online-Workshops schaffen auf bisher ungekannte Weise Gemeinschaften. Einige Marken wie Adidas und Gucci haben bereits virtuelle Produkte entwickelt, die als NFTs zu begehrten Sammlerstücken geworden sind.
3D-Meetings und Kundengespräche
Im B2B-Bereich bieten das Metaverse und seine hybriden Formen ebenfalls neue Möglichkeiten. Microsoft hat beispielsweise Mesh eingeführt, eine Plattform, die mit Headsets Holoportation ermöglicht – die Teilnehmer können in jede Umgebung versetzt werden.
Laut einer Studie des KMU-Portals Gryps gehen 19% der 159 befragten kleinen und mittleren Unternehmen davon aus, dass sich in den nächsten ein bis fünf Jahren Veränderungen durch die Nutzung virtueller Welten und immersiver Technologien zeigen werden. Weitere 30% erwarten diese Entwicklungen in fünf bis zehn Jahren. Trotzdem glauben 22%, dass diese Technologie für sie keine Rolle spielen wird. Gryps stellt fest, dass es unter den Schweizer KMU bereits eine Gruppe von «Early Adopters» gibt, die bereit sind, erste Use Cases umzusetzen, obwohl ihnen oft noch das erforderliche Know-how fehlt.
Welche Einsatzmöglichkeiten gibt es für KMU im Metaverse?
In der Schweiz hat das Tourismusunternehmen MyCityHighlight bereits Schritte in das Metaverse unternommen. Mit Augmented Reality können sie bei Stadtführungen richtige Orte finden – eine Art virtuelle Schnitzeljagd.
Der Pre-Event zum Swiss Customer Relations Forum, welches am 31. August 2023 in Zürich stattfindet, fand heute im Metaverse statt und bot den rund 100 Teilnehmer:innen ein sehr neuartiges und interessantes Erlebnis.
Als erste Schweizer Versicherung macht die Digitalversicherung Smile ihre Dienstleistungen und Services im Metaverse erlebbar. Darunter fallen täglich buchbare, virtuelle Kundenberatungen sowie greifbare Autoschäden in der neuen smile.meta Garage.
Noch größer könnten die Möglichkeiten im B2B-Bereich sein. Ein Maschinenhersteller kann eine Produktionshalle virtuell nachbilden und prüfen, ob bestimmte Maschinen an bestimmten Stellen passen. Im Baugewerbe könnten ebenfalls große Möglichkeiten bestehen, wenn Gebäude in Echtzeit und maßstabsgetreu in das bestehende Stadtbild eingeblendet und Kunden sich darin bewegen können.
Reparaturen mittels Augmented Reality
Im Kundenservice bietet das Metaverse ebenfalls neue Möglichkeiten. Anstatt einem Kunden etwas verbal zu erklären, kann eine Reparatur, eine Anwendung oder auch ein neues Produkt im Metaverse dargestellt werden. Dies könnte über einen Link zu einer 3D-Webseite erfolgen, auf der neue Produkte fotorealistisch dargestellt werden.
Accenture ist bereits seit einiger Zeit im Metaverse aktiv und entwickelt für Kunden spezifische Lösungen. Ein Accenture-Team arbeitete mit der Ölförderfirma Petrofac zusammen, um eine der ersten vernetzten Arbeitslösungen der Energiebranche zu entwickeln. Diese Lösung unterstützt Ingenieure mit tragbaren Realwear-Headsets, sodass digitalisierte Anweisungen freihändig angezeigt und ausgeführt werden können. Die Lösung ermöglicht es den Mitarbeitern, Inspektionen digital durchzuführen, wobei die mit dem Headset erfassten Daten und Medien sofort an Land für Diagnosezwecke verfügbar sind.
Menschlich wirkende virtuelle Kundendienstmitarbeiter
Das Potenzial des Metaverse ist noch lange nicht ausgeschöpft und könnte durch den Einsatz von automatisierten Bots weiter gesteigert werden. Kundenservice kann in Zukunft von Avataren in einer virtuellen Umgebung durchgeführt werden. Diese können künstlich oder menschenähnlich wirken, erzeugt von KI. In naher Zukunft werden diese künstlich generierten Bilder sprechen und sich bewegen können, ähnlich wie wir es bereits von Deep Fake-Videos kennen.
Mit Text-to-Voice ist es möglich, einen virtuellen Assistenten in einem Chatfenster zu haben, der Kundenanfragen mittels Chat GPT versteht und beantwortet – und das Face to Face. Dies kann Kundenbeziehungen erheblich intensivieren. Darüber hinaus kann der virtuelle Mitarbeiter im Metaverse jederzeit Upselling-Vorschläge machen: Ein Ja des Kunden genügt, und schon präsentiert er neue Produkte oder Dienstleistungen in der Metaverse-Umgebung. Anbieter wie Spatialgo schaffen und verwalten bereits Metaverse-Umgebungen für kleine und mittlere Unternehmen.
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Stephan Isenschmid
Stephan Isenschmid ist KMU-Unternehmer. Von 1990 bis 2012 war er IT-Unternehmer und seit 2013 ist er unter anderem Inhaber und Geschäftsführer der Swiss CRM Institute AG, welche das Swiss Customer Relations Forum, den Swiss Customer Relations Award, das Swiss Customer Service Summit, den Swiss CRM Business Club und das Swiss CRM Experten Forum veranstaltet und seit 2022 auch Herausgeberin des Newsportals cmm360.ch ist.