«Do Not Reply»-Mails bald Geschichte?

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"Do Not Reply"-Mails bald Geschichte?

«Do not reply»-E-Mails sind weit verbreitet, um Prozesse effizient abzuschliessen, doch sie stossen bei Kunden auf Ablehnung, da sie den Dialog unterbinden. Unternehmen erkennen zunehmend die Nachteile dieser Praxis und setzen auf Technologien, die bidirektionale Kommunikation ermöglichen. Künstliche Intelligenz kann helfen, Anfragen zu analysieren und Antworten zu generieren, um eine natürliche Interaktion zu fördern. Der Trend geht zu personalisierten, dialogfähigen E-Mails, die Kundenbindung stärken. Rechtliche Bedenken und der Wunsch nach besserer Kundenkommunikation treiben diese Entwicklung voran. Unternehmen sollten jede Möglichkeit zur Kommunikation nutzen, um den Erwartungen der Kunden gerecht zu werden.

Sie sind praktisch, halten Anfragen kurz und reduzieren die Last für Kundencenter: «Do not reply»-E-Mails. Sie werden meist eingesetzt, wenn ein Vorgang abgeschlossen ist oder ein Prozess automatisiert wurde. Das Problem: Sie kommen bei Kunden nicht gut an. Die Nachteile sind durchaus bekannt, werden aber hingenommen. «Solche E-Mails unterbinden effektiv jede Möglichkeit für weiteren Dialog in diesem E-Mail-Thread und hinterlassen ein Gefühl der Isolation. Die Botschaft ist klar und deutlich: Der Absender (in diesem Fall das Unternehmen) ist nicht am Feedback oder Anliegen interessiert», schreibt das HiverHQ-Blog.

Im Dienste der Effizienz ist man bereit, auf einen Dialog zu verzichten. Bis jetzt.

Denn viele Anbieter von CRM-Systemen haben erkannt, dass die Einbahnstraße von «Bitte nicht antworten» vermieden werden kann, wenn man die passende Technik einsetzt. Zendesk hatte bereits im vergangenen Jahr Kunden einen Tipp gegeben: «Wenn Sie E-Mails mit der Aufforderung ‹Nicht antworten› versenden müssen, senden Sie diese so selten wie möglich. Kunden fühlen sich wertgeschätzt, wenn Benachrichtigungen oder Folge-E-Mails von einer ‹echten Person› oder einem legitimen bidirektionalen E-Mail-Konto stammen.» Man solle überlegen, trotzdem eine echte E-Mail-Adresse einzufügen.

KI kann auch Anfragen auf automatisierte E-Mails beantworten

Anbieter wie Jotform haben längst erkannt, dass KI helfen kann, die Zahl der «Nicht antworten»-E-Mails zu reduzieren. Der Marketingspezialist lässt Anfragen von der KI analysieren und reagiert entsprechend – immer mit dem Ziel, eine Konversation aufzubauen. «Nutzer können auf KI-generierte E-Mails antworten und die Konversation in einem laufenden E-Mail-Thread fortsetzen. Dies ermöglicht reibungslose, natürliche Interaktionen, ganz wie beim Chatten mit einem realen Mitarbeiter», verspricht das Unternehmen.

Den Trend hat offenbar auch Salesforce erkannt und jüngst versprochen: Wir machen Schluss mit «Do not reply»-Mails. Statt unpersönlicher Einbahn-Kommunikation setzt das Unternehmen auf eine neue Art des Marketings: KI-Agenten, die aktiv und rund um die Uhr mit Kundinnen und Kunden kommunizieren. Diese neuen digitalen Helfer sollen aus bisherigen Info-Mails echte Gespräche machen – ganz gleich ob per E-Mail, Website oder Messenger. Damit soll mit dem Produkt «Marketing Cloud Next» aus einer starren Nachricht eine dialogfähige Kommunikation werden, bei der Fragen automatisch erkannt und beantwortet werden können.

Was Salesforce nach eigenen Angaben von anderen Anbietern unterscheidet: Die neuen KI-Agenten sind nicht nur Beiwerk, sondern übernehmen eigenständig komplexe Aufgaben. Sie entwickeln Kampagnen, passen Inhalte individuell an und verbessern laufend die Ergebnisse – und das alles automatisiert. Wo andere Systeme noch Anleitung benötigen, sollen die Salesforce-Agenten wie erfahrene Mitarbeitende handeln, die die Unternehmensziele verstehen und eigenständig Lösungen erarbeiten.

Unternehmen sollten jede Möglichkeit zur Kommunikation nutzen

Dabei endet der Nutzen nicht im Marketing: Die intelligenten Agenten arbeiten auch in den Bereichen Vertrieb, Kundenservice und E-Commerce. So entsteht eine durchgängige, persönliche Kundenansprache über alle Kanäle hinweg. Für Unternehmen bedeutet das laut Salesforce nicht nur effizientere Prozesse, sondern auch stärkere Kundenbindung – ganz ohne unpersönliche «Do-not-reply»-Nachrichten.

Die Zahl der E-Mails, auf die Kunden nicht antworten können, dürfte auch deshalb bald abnehmen, weil sich Unternehmen eine solche Nicht-Kommunikation nicht mehr leisten können. Schon jetzt wandern viele Nutzer zu ChatGPT und anderen Anbietern ab, wenn sie Fragen zu Produkten haben. Die Modelle beenden keine Unterhaltung, sondern führen sie weiter – auch wenn sich herausgestellt hat, dass dies nicht immer zur Verbesserung beiträgt.

Es wird natürlich Anwendungsbereiche geben, in denen eine Antwort aus guten Gründen nicht gewollt ist. Wenn beispielsweise eine Bank Transaktionsbenachrichtigungen als «Nicht antworten»-E-Mails versendet, schützt sie ihre Kunden vor potenziellem Phishing-Betrug. Durch das Blockieren direkter Antworten fallen Kunden weniger wahrscheinlich auf betrügerische Links herein und schützen so ihre vertraulichen Daten. Gleiches gilt auch für Produktrückrufe – wobei diese auf jeden Fall eine Kontaktnummer oder Adresse für Fragen enthalten sollten.

Mögliche rechtliche Bedenken

Es bietet sich ohnehin an, solche E-Mails zu nutzen, um dem Kunden zumindest die Möglichkeit zu geben, einen anderen Kanal zu nutzen. Es gibt außerdem rechtliche Bedenken bei einigen E-Mails, vor allem im Marketing. In der Europäischen Union schreibt die DSGVO eine einfache Möglichkeit zum Abbestellen von Marketing-E-Mails vor. Bei «Do Not Reply»-E-Mails ist diese Option jedoch nicht verfügbar, sodass Unternehmen eigentlich diese Vorschriften nicht einhalten. Ähnlich schreiben die CAN-SPAM-Gesetze in den USA vor, dass Kunden Nachrichten abbestellen können. Mit der Verwendung von «No Reply»-E-Mails riskieren Firmen einen Verstoß gegen diese Gesetze und die damit verbundenen Konsequenzen.

Besser ist es deshalb, automatisierte E-Mails so zu konfigurieren, dass Antworten an eine andere E-Mail-Adresse gesendet werden können. Eine Möglichkeit hierfür besteht darin, E-Mails von der geschäftlichen E-Mail-Adresse zu senden und alle Antworten unter einer separaten, allgemeinen E-Mail-ID zu sammeln. So wird die geschäftliche E-Mail-Adresse nicht mit Spam überflutet, und gleichzeitig können Kunden bei Fragen oder Feedback mit dem Unternehmen kommunizieren. Die KI kann dann die Antworten analysieren und an die jeweiligen Kanäle weiterleiten. Hiver bietet zum Beispiel einen Service an, der Antworten automatisch auf unterschiedliche Postfächer verteilt.

Salesforce hat seine «Marketing Cloud Next» aus guten Gründen eingeführt. Laut Salesforce sind Kunden heutzutage wenig nachsichtig – ihre Erwartungen an personalisierte und reibungslose Erlebnisse sind so hoch wie nie zuvor. Bereits nach einer einzigen schlechten Erfahrung wechselt ein Drittel der Kunden die Marke. Zudem erwarten 69 Prozent der Verbraucher konsistente Interaktionen über alle Abteilungen hinweg. Obwohl 75 Prozent der Marketingverantwortlichen laut Salesforce bereits mit Künstlicher Intelligenz experimentieren, nutzen nur 32 Prozent die vorhandenen Daten effektiv, um relevante Kundenerlebnisse zu schaffen. Aus Sicht des Unternehmens zeigt diese Diskrepanz zwischen KI-Nutzung und tatsächlichem Mehrwert, wie wichtig ein agentenbasiertes Marketing heute ist.

Thomas Wanhoff

Thomas Wanhoff

Thomas Wanhoff, Jahrgang 1966, ist ein deutscher Journalist und Autor. Er arbeitete bei Zeitungen wie der “Frankfurter Neuen Presse”, war Produktentwickler bei der “Welt” und schreibt für die Nachrichtenplattform t-online. Außerdem betätigt er sich als freier Autor, mit Schwerpunkten auf CRM und Personalentwicklung. Wanhoff lebt seit 2007 in Südostasien.

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