Die Zukunft des CRM verspricht innovative Technologien wie holographische Kundendienstmitarbeiter, Zero-UI-Schnittstellen und KI-gestützte Emotionserkennung. Hologramme ermöglichen visuelle Unterstützung, Zero-UI ersetzt klassische Benutzeroberflächen durch Sprach- und Gestensteuerung, und emotionale KI passt Preise dynamisch an die Gefühlslage der Kunden an. Diese Entwicklungen sollen Kundenerlebnisse personalisieren und effizienter gestalten, während empathische Bots emotionalen Support bieten.
Die meisten CRM-Trends für das kommende Jahr stehen weitgehend fest: KI wird weiter ausgebaut, alle Kanäle werden damit bespielt, Kunden erhalten eine Hyperpersonalisierung und virtuelle Shopping-Butler. Doch das markiert noch nicht das Ende der Digitalisierung. Ein Blick in die Zukunft zeigt, dass noch viel mehr als nur Hilfe im Contact-Center möglich ist.
CRM in der Zukunft: Hologramme und Emotionen
Es ist nur eine Frage der Zeit, bis KI beim Konsumenten nicht mehr eine eigenständige App ist, sondern in allen Funktionen eines Smartphones oder Computers integriert ist. Bislang beschränkten sich Chatbots und KI-unterstützte CRM-Systeme auf Text und Audioausgabe. Diese erfolgt meistens über definierte Schnittstellen, wie Chat-Fenster, in denen kommuniziert wird.
Die Zukunft dürfte anders aussehen. Sie wurde uns bereits im Film „Her“ gezeigt, wo der Hauptdarsteller einen virtuellen Begleiter hat, eine Art allwissendes Smartphone. Doch anders als bei Siri werden die Smartphones der Zukunft intelligent sein und erkennen, wann sie bestimmte Eingaben bearbeiten sollen. Weit in die Zukunft gedacht, könnte ein einfacher Dialog so aussehen:
- Benutzer (per Spracheeingabe): „Ich möchte mir eine neue Waschmaschine kaufen. Was gibt es da aktuell?“
- Antwort (KI): „Warum? Deine Maschine ist erst 6 Jahre alt?“
- Benutzer: „Ich möchte mehr Energie und Wasser sparen. Vielleicht kann ich ja die alte noch gut verkaufen. Mach mir Vorschläge.“
Während Gemini, ChatGPT und andere LLMs jetzt nach Angeboten für Waschmaschinen suchen, wird eine intelligente KI Hersteller oder Händler direkt kontaktieren, Preise und Modelle abfragen, einen Ankauf des Altgerätes verhandeln, Zahlungsbedingungen und Ratenzahlungen abklären und dann erst Vorschläge machen – mit Bildern, Videos, sogar 3D-Animationen. Sie wird diese vergleichen und eine Kaufempfehlung abgeben, wird diese angenommen, wird die KI selbstständig die Bestellung abwickeln.
Dafür wird es nicht nur entsprechend ausgerüstete Endgeräte brauchen, sondern auch Schnittstellen im CRM, die mit der KI „sprechen“ können. Was jetzt schon als Teil-Automatisierung von LLMs zu sehen ist, wird in Zukunft voll integriert sein.
Es geht aber noch weiter: Dies sind die wichtigsten Trends im CRM der Zukunft:
Holografische Kundendienstmitarbeiter
Der Mensch ist ein visuelles Wesen. Wir erfassen unsere Umwelt zu einem großen Teil mit den Augen. Das CRM der Zukunft wird in der Lage sein, holografische Avatare zur Verfügung zu stellen. Schon jetzt ist es möglich, solche Hologramme in kleinen (oder auch lebensgroßen) Boxen erscheinen zu lassen. Schon bald dürften wir solche Wunderkisten oder gar Projektoren zu Hause haben, die uns ein Hologramm zeigen. Dieses stellt nicht nur den Mitarbeiter dar, sondern kann auch Produkte in 3D zeigen, Reparaturhilfe geben oder Alternativprodukte vorschlagen.
Diese Hologramme waren bereits Stand der Technik 2023, wie man hier sehen kann. Die Entwicklung macht große Sprünge, bald schon dürften die Avatare in 4K und ohne Ruckeln zu sehen sein.
Zero-UI-Schnittstellen
Wie lange es noch Webseiten gibt, die von Menschen besucht werden oder Apps, die auf ein Smartphone geladen werden, ist fraglich. Denn schon bald könnte ein Traum aller Entwickler wahr werden. Eingaben, die nur noch über Sprache oder mit Gesten gemacht werden. Kein Klick mehr auf einen Button, kein Wischen auf dem Smartphone. Sogar Augensteuerung ist möglich und ganz weit in die Zukunft gedacht, ein Gedanke.
Zero-UI-Schnittstellen machen die traditionelle Benutzeroberfläche überflüssig und verlassen sich stattdessen auf Sprache, Gesten und biometrische Signale, um Interaktionen zu erleichtern und das Erlebnis intuitiver und nahtloser zu gestalten.
Wie es funktioniert: Durch den Einsatz von natürlicher Sprachverarbeitung, Gestenerkennung und biometrischen Sensoren ermöglichen Zero-UI-Schnittstellen den Kunden die Interaktion mit Geräten und Diensten, ohne dass ein Bildschirm oder physische Bedienelemente erforderlich sind. Ein Smart-Home-Assistent kann dann nicht nur die Beleuchtung und Temperatur auf der Grundlage verbaler Befehle einstellen, sondern auch subtile Gesten interpretieren. Er kann aber auch den Kundendienst informieren, Bilder eines Gerätes übermitteln oder Anfragen zu bestimmten Produkten stellen. Eine stärkere Integration von Chatbots kann diesen Trend noch verstärken.
Auswirkungen: Untersuchungen von MIT Technology Review legen nahe, dass Zero-UI die kognitive Belastung um 30 % reduzieren und die Nutzerzufriedenheit um 20 % erhöhen könnte, da die Schnittstelle eine natürlichere Erweiterung der menschlichen Intention darstellt.
Dynamische Preise – basierend auf der emotionalen Verfassung
Eine Herausforderung für Mitarbeiter im Kundendienst sind verärgerte Kunden. Man will sie nicht verlieren, auch wenn sie im Unrecht sind. Bislang werden solche Anrufe meistens von Bots zu Menschen eskaliert.
Emotionen können diesen Prozess aber verlangsamen. Emotion-based pricing erkennt, ob ein Kunde verärgert ist und kann ihm einen Rabatt einräumen. Andersrum ist es auch möglich, besonders zufriedenen Kunden höhere Preise anzubieten. Die KI kann aufgrund vorheriger Käufe feststellen, in welchem Preisniveau sich ein Kunde bewegt. Erste Versuche dazu gibt es bereits. Die Ergebnisse einer Studie, die im Journal for Management veröffentlicht wurde, deuten darauf hin, dass Verbraucher mit hoher Bindung an eine Marke oder Unternehmen positiver auf eine dynamische Preisgestaltung reagierten als auf eine einheitliche Preisgestaltung. Darüber hinaus sind jüngere und weibliche Verbraucher eher in die Erlangung eines Preisnachlasses involviert, und Verbraucher mit hoher Loyalität zeigten positivere Gefühle und waren eher bereit, anderen davon zu erzählen.
Empathische Bots
Der nächste Schritt der Evolution von KI wird wohl die Empathie sein. Bots und LLMs lernen Gefühle und Stimmungen zu verstehen und diese zu antizipieren. Sie müssen dazu nicht selbst fühlen können. Forschende der National Taiwan University und der University of Maryland haben einen neuen Artikel im Journal of Marketing veröffentlicht, der untersucht, wie Marketingfachleute Generative KI (GenAI) nutzen können, um einfühlsamen Kundenservice zu bieten. Die Studie mit dem Titel „The Caring Machine: Feeling AI for Customer Care“ wurde von Ming-Hui Huang und Roland T. Rust verfasst. In dieser Studie entwickeln die Forschenden eine KI-gestützte Kundenbetreuungsreise, die folgende Aspekte umfasst:
- präzise Emotionserkennung
- einfühlsame Reaktionen
- hilfreiches Emotionsmanagement
- die Schaffung einer emotionalen Verbindung
Autor Huang erklärt: „Im Vergleich zur traditionellen Customer Journey konzentriert sich diese Abfolge auf den emotionalen Aspekt wie Kundeneinbindung, -erlebnis und -emotion statt auf die typischen rationalen Aspekte wie Produkteigenschaften oder Preise.“
Für den Aufbau einer emotionalen Verbindung müssen Unternehmen eine „Caring Machine“ entwickeln, die über ausreichendes Selbstbewusstsein verfügt (d. h. sich zu einem gewissen Grad ihrer eigenen Existenz bewusst ist und somit eine eigene Perspektive einnehmen kann), um sich klar vom Kunden und vom Unternehmen zu unterscheiden. Daher müssen Marketingfachleute GenAI mit den strategischen Zielen des Unternehmens und den Absichten der Kunden in Einklang bringen, um die Caring Machine strategisch zu nutzen. Gleichzeitig sollten Marketingforscher Strategien entwickeln, die das Potenzial von GenAI auf strategische Weise ausschöpfen können. Ob und wie weit KI wirklich empathische sein kann, bleibt noch herauszufinden. Nicht wenige Experten glauben, dass KI auch bei Gefühlen nur Gelerntes reproduziert und nicht tatsächlich in der Lage ist, eine empathische Antwort zu geben.

Thomas Wanhoff
Thomas Wanhoff, Jahrgang 1966, ist ein deutscher Journalist und Autor. Er arbeitete bei Zeitungen wie der “Frankfurter Neuen Presse”, war Produktentwickler bei der “Welt” und schreibt für die Nachrichtenplattform t-online. Außerdem betätigt er sich als freier Autor, mit Schwerpunkten auf CRM und Personalentwicklung. Wanhoff lebt seit 2007 in Südostasien.