Service-Excellence durch die maximale Konsistenz von Angebot, Marketing, Kommunikation, Service und Design in sämtlichen Online- und Offline-Touchpoints ist das erfolgsversprechende Ziel für viele Unternehmen. Die hohen technischen Anforderungen sind jedoch ein zentraler Grund, weshalb der Einsatz vorderhand nur in Branchen wie Finanzen, Telekommunikation, Gesundheitswesen und Einzelhandel anzutreffen ist.
Ein Geschäftsmodell für KMU?
Erfahrungen in der technischen Entwicklung der Vergangenheit stimmen positiv, dass in geraumer Zeit auch für KMU interessante Angebote und Tools auf den Markt kommen, die den Schritt zum Omnichannel-Geschäftsmodell erleichtern werden. Nebst der Überprüfung technischer Voraussetzungen gilt es rechtzeitig auch organisatorisch mögliche Lösungsansätze in Betracht zu ziehen für Herausforderungen wie zum Beispiel:
- Die professionelle, kundenorientierte Sprache und angepasste Tonalität auf den unterschiedlichen Kommunikationskanälen sicherzustellen.
- Entscheidungshilfen, um sich nur auf die relevanten Kommunikationsmittel zu fokussieren.
- Ressourcen und Aufgabenverteilung. Wo genau ist die Abgrenzung in der Kommunikation mit dem Kunden und den Zielgruppen? Wer bedient zu welchen Themen und über welche Kanäle ? Wie organisiert sich das Team effektiv und effizient? Welche technischen Hilfsmittel erleichtern diesen internen Prozess?
- Planung, Themen, Balance, Abstimmung und Einbindung proaktiver Information seitens Unternehmen an Kunden (in-out) sowie die sinnvolle Verknüpfung von Kommunikationsinhalten aus den unterschiedlichen Kommunikationsquellen mit dem Kunden (out-in).
Fazit
Die 1:1 Interaktion mit geschulten, empathischen und selbstverantwortlichen Mitarbeitenden wird also auch in Zukunft im Kundenerlebnis einen wichtigen Unterschied machen. Dies dürfte den Innovationsgedanken auf dem Weg zum zukunftsorientierten Omnichannel-Geschäftsmodell hoffentlich weiter beflügeln.
Gute Diversifikation von Kunden-Kontaktmöglichkeiten bietet neue Chancen für top Kundenservice. Fünf Grundsätze auf dem Weg zur erfolgreichen Omnichannel Strategie:
1. Beziehungsmanagement mit dem Kunden
Jeder Kommunikationskanal und Touchpoint (Kontaktpunkt), ob persönlich, telefonisch, per Mail, auf der Website, auf Social Media, in Chats, mit Automaten, Apps, Online Formularen oder neuen Technologien bietet für das Unternehmen die Chance, den Kunden mit einer durchdachten Verzahnung aller Kanäle dort gekonnt aus der Kundenperspektive abzuholen, wo es für ihn am bequemsten und einfachsten ist.
Was wir im privaten Umfeld erleben, ist im professionellen Business-Kontext noch einiges anspruchsvoller. Je diverser die Gewohnheiten und Vorlieben an Kommunikationsmitteln die gewünschten Kontaktpersonen haben, je komplexer wird das Beziehungsmanagement.
2. Sinnvolle Reduktion von Alternativen
Im Frühjahr 2021 hat sich UPC beispielsweise entschieden, den Kündigungsprozess für den Kunden zu vereinfachen. Es wurde klar kommuniziert, dass Kündigungen nur noch auf zwei Kanälen (telefonisch oder via UPC-Chat) möglich sind. Entsprechend wurde die allgemeinen Geschäftsbedingungen angepasst.
3. Unternehmenskultur schaffen, um sich als lernendes Team laufend weiterzubringen
Heute versteht es sich oft von selbst, dass sich gewiefte Mitarbeitende eigenverantwortlich im Self-Learning- Prozess die Fähigkeiten neuer Kommunikations Tools aneignen. Dadurch sind in vielen Unternehmen intern nachvollziehbare Wissensdifferenzen im Umgang mit der Vielzahl von Kommunikationsmitteln entstanden. Diesen Gap gilt es sorgfältig zu beobachten und zu schliessen. Denn weniger affine Mitarbeitende und Entscheidungsträger trauen sich meist kaum, dies anzusprechen und verlieren somit immer mehr den Faden. Dies kann zu Blockaden, unnötigen Konflikten und einschneidenden Fehlentscheidungen führen. Je nach Branche und Service-Excellence-Level des Unternehmens bringen sich zum Beispiel lernende Teams hier mit offener Kommunikation und Fehlerkultur erfolgreich selbst weiter. Durch die gelebte Unternehmenskultur des offenen, angstfreien Dialogs tauschen sie Erfahrungen, neue Bedürfnisse in der Kundenkommunikation regelmässig aus und nehmen mit einer Selbstverständlichkeit ihre Kollegen und Kolleginnen wertschätzend mit auf die Reise. Im regelmässigen, offenen Dialog werden Trends und neue Bedürfnisse in der Kundenkommunikation laufend geprüft und ausprobiert.
4. Die Sprache macht den Unterschied
Je nach Produkt und Angebot bieten Chatbots, Roboter und neue Technologien eine exzellenten Ergänzung in der Omnichannel-Strategien in der serviceorientierten Interaktion mit Kunden. Es lohnt sich allerdings auch hier Profis einzubinden, die es verstehen, passend zur Marke mit wertschätzender Sprache und einer Prise Humor die entsprechenden Programmierungen vorzunehmen.
5. Potentiale frühzeitig erkennen
Die nachfolgende Rangliste einer spontanen Umfrage zeigt, wo in Bezug auf Touchpoints das grösste Potential zur Verbesserung der Kunden-Experience liegen könnte:
1. Automaten
2. Online-Formulare und Apps
3. Hilfestellungen (Standard Q&As, Telefon-Nr. auf Website)
4. Rückruf-Funktion
Es sind vor allem die Automaten – beispielsweise für Tickets oder Getränke – sowie unzählige Online-Formulare und Apps, die Kunden verärgern, weil sie zu kompliziert und aus Kundensicht nicht selbsterklärend sind oder verwirrende Programmierfehler aufweisen. Hinzu kommt, dass die Standard Q&As auch nicht weiterhelfen, der versprochene Rückruf nie erfolgt oder keine Telefonnummer oder sonst ein Help-Desk auf der Website auszumachen sind. Ausserdem wird meist unterschätzt, dass viele Menschen, zum Beispiel die vor 1989 Geborenen, oft weniger Lust auf die komplette Digitalisierung der Kommunikation haben und weiterhin den wertschätzenden, persönlichen Austausch mit einer kompetenten Person bevorzugen.
Petra Rüegg
Petra Rüegg ist Gründerin und Geschäftsführerin von QPM Service Excellence. Sie hat sich auf Themen der Servicekultur und Service-Excellence in der digitalen Welt spezialisiert und bietet Analyse-Methoden und Trainings an, um die Profitabilität durch den laufenden Verbesserungsprozess des Service-Mindsets im Unternehmen zu steigern. Sie ist beratend und im Leadership-Coaching tätig sowie unter anderem Dozentin für Unternehmenskultur, Führung und Kommunikation an der ABB Technikerschule. www.qpm-ms.ch