Wenn der Strom ausgeht – CX systematisch verbessert

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Wenn der Strom ausgeht - CX systematisch verbessert | Sue Ajdini, Head of Excellence und Mitglied der Geschäftsleitung, und Stefanie Luder, Business Analystin bei enersuisseWenn der Strom ausgeht - CX systematisch verbessert | Sue Ajdini, Head of Excellence und Mitglied der Geschäftsleitung, und Stefanie Luder, Business Analystin bei enersuisse
Wenn der Strom ausgeht - CX systematisch verbessert | Sue Ajdini, Head of Excellence und Mitglied der Geschäftsleitung, und Stefanie Luder, Business Analystin bei enersuisse

Ein Projekt zur Unterstützung von Kunden mit Zahlungsschwierigkeiten zeigt, wie Kundenzentrierung echten Mehrwert schafft. Durch Interviews und die Entwicklung von Personas wurden die Bedürfnisse der Kunden ermittelt. Ein Self Care-Portal ermöglicht es, Zahlungsaufschübe oder Ratenpläne anonym zu beantragen, was die Akzeptanz erhöht hat. Workshops halfen, Vorurteile abzubauen und das Mindset der Mitarbeitenden zu ändern. Die Zahlungsquote im Self Care ist besser als im persönlichen Kontakt. Der Customer Effort Score liegt bei 6,8 von 7 Punkten. Das Projekt zeigt, dass Kundenzentrierung mehr als ein Schlagwort ist und echte Kundennähe Zahlungsausfälle vermeiden kann.

Was passiert, wenn Kundenzentrierung nicht nur ein Schlagwort ist, sondern echten Impact hat? Darüber sprechen Sue Ajdini, Head of Excellence und Mitglied der Geschäftsleitung, und Stefanie Luder, Business Analystin bei enersuisse und das konkret am Beispiel eines besonderen Projektes: Es geht um Menschen mit Zahlungsschwierigkeiten und darum, wie man ihnen respektvoll, empathisch und digital begegnet. Warum Self Service gerade bei sensiblen Themen ein echter Mehrwert sein kann, wie festgefahrene Denkmuster im Unternehmen aufgebrochen werden und wie echte Kundennähe hilft, Zahlungsausfälle zu vermeiden – all das erfahren Sie in diesem Interview.

Ihr habt bei enersuisse ein Projekt zur Unterstützung von Kundinnen und Kunden mit Zahlungsschwierigkeiten umgesetzt. Was war der Auslöser für dieses Vorhaben?

Sue Ajdini: In den letzten Jahren haben wir einen deutlichen Anstieg bei Zahlungsschwierigkeiten festgestellt, was unter anderem auf gestiegene Strompreise und die generelle Teuerung zurückzuführen ist. Uns war es wichtig, die Ursachen zu verstehen und Wege zu finden, wie wir betroffene Kundinnen und Kunden besser unterstützen können, um Stromabschaltungen möglichst zu vermeiden. Denn eine Stromabschaltung ist ein gravierender Einschnitt ins Leben, den wir verhindern wollen.

Wie sind Sie das Projekt konkret angegangen?

Stefanie Luder: Wir haben zunächst die Perspektive der Kundinnen und Kunden und der Mitarbeitenden eingeholt, um herauszufinden, wo die größten Herausforderungen und Wünsche liegen. Dazu haben wir Interviews geführt und Personas entwickelt, um so wiederum die unterschiedlichen Bedürfnisse etwa von Digital Natives oder weniger technikaffinen Kundinnen und Kunden zu verstehen. Anschließend haben wir Prototypen für neue Prozesse und ein Self Care-Portal entwickelt, diese getestet und laufend anhand des Feedbacks optimiert.

Was waren die wichtigsten Erkenntnisse aus diesen Gesprächen?

Sue Ajdini: Ein zentrales Aha-Erlebnis war, wie sehr der Ton und die Formulierungen von Mahnschreiben die Kundenerfahrung beeinflussen. Gerade in emotional belastenden Situationen ist eine wertschätzende Ansprache entscheidend. Außerdem wurde klar, dass viele Kundinnen und Kunden sich anonyme, digitale Lösungen wünschen, um Hemmschwellen abzubauen. Vor dem Projekt lief alles über den persönlichen Kontakt. Das war nicht für alle ideal, zumal die Öffnungszeiten oft nicht passten.

Wie sieht der neue Prozess heute aus?

Stefanie Luder: Kundinnen und Kunden können jetzt in unserem Self Care-Portal rund um die Uhr Zahlungsaufschübe oder Ratenpläne beantragen. Ein einfaches Ampelsystem zeigt auf einen Blick den Status der Rechnungen: Grün ist bezahlt, Gelb offen, Rot überfällig. Bei Rot werden sofort passende Optionen angeboten. Die Prozesse sind bewusst anonym gehalten, was die Akzeptanz deutlich erhöht hat. Für komplexere Fälle bleibt der persönliche Kontakt weiterhin möglich.

Welche Rolle spielte das Mindset der Mitarbeitenden im Projekt?

Sue Ajdini: Das war ein Schlüsselfaktor. Wir haben viel Zeit in Workshops und Mindset-Trainings investiert, um Vorurteile, wie zum Beispiel, das jeder, der nicht zahlt, ein «schlechter Kunde» sei, abzubauen. In Wirklichkeit stecken oft Schicksalsschläge oder temporäre Schwierigkeiten dahinter. Die Mitarbeitenden wurden eng eingebunden, konnten ihre Erfahrungen einbringen und haben das neue Verständnis aktiv mitgestaltet.

Gab es Bedenken, dass die neuen, großzügigeren Prozesse missbraucht werden könnten?

Stefanie Luder: Diese Sorge gab es anfangs durchaus. Unsere Erfahrungen zeigen aber, dass die Zahlungsquote im Self Care sogar besser ist als im persönlichen Kontakt und es gibt auch keinen Anstieg bei Zahlungsausfällen. Kundinnen und Kunden schätzen die Transparenz und Eigenverantwortung. Wir setzen aber auch klare Leitplanken, etwa für besonders hohe Beträge oder Fälle kurz vor einer Stromabschaltung.

Welche Erfolge könnt ihr heute vorweisen?

Sue Ajdini: Im letzten Monat wurden bereits 40 Prozent der Ratenpläne über das Portal abgeschlossen. Der Customer Effort Score liegt bei 6,8 von 7 Punkten, was ein sehr hoher Wert ist. Das Feedback der Kundinnen und Kunden ist durchweg positiv. Viele sind dankbar für die unkomplizierte und respektvolle Unterstützung in einer schwierigen Lebenslage. Auch die Mitarbeitenden schätzen die neue Zusammenarbeit und die Möglichkeit, aktiv an Verbesserungen mitzuwirken.

Was ist euer persönliches Learning aus diesem Projekt?

Stefanie Luder: Für mich war es bereichernd zu sehen, wie sehr die Mitarbeitenden die Einbindung und die neue Haltung zu schätzen wissen. Auch die Gespräche mit echten Kundinnen und Kunden, ihre Offenheit und das positive Feedback waren echte Highlights.

Sue Ajdini: Ich bin stolz, dass wir Kundenzentrierung nicht nur als Schlagwort, sondern als Haltung in der Organisation verankern konnten. Es ist ein langfristiger Prozess, aber die positiven Rückmeldungen und die Anerkennung – etwa durch einen Gewinn des Swiss Customer Relations Awards Ende 2024 – zeigen, dass wir auf dem richtigen Weg sind.

Dieses Interview basiert auf dem Podcast «Meikes Raumzeit – Episode 49 «Wenn der Strom ausgeht – CX systematisch verbessert!«

Meike Tarabori, Chefredaktorin cmm360

Meike Tarabori

Im Januar 2019 übernahm Meike Tarabori die Position als Chefredakteurin des cmm360, das renommierte Schweizer Magazin für Customer Relations Stars und Service Champions. Als erfahrene Expertin für Marketing und Kommunikation mit Abschlüssen in Business, Marketing und deutscher Literatur hat sie wertvolle Erfahrungen unter anderem bei Unternehmen wie KUKA Robotics und zuletzt beim Cybathlon ETH Zürich gesammelt. Im Rahmen eines umfangreichen Rebranding-Projekts verlieh sie dem cmm360 seine aktuelle, moderne Ausrichtung. Seitdem hat sie nicht nur die Onlinepräsenz des Magazins erfolgreich etabliert, sondern kontinuierlich neue Formate wie die Podcasts «Nice To Meet You», «Meike's Raumzeit» und «ICT Talk» entwickelt. Darüber hinaus fungiert sie als Organisatorin des Schweizer Customer Relations Awards, eine Plattform, die innovative Projekte zur Gestaltung nachhaltiger Kundenbeziehungen und einzigartiger Kundeninteraktionen würdigt und auszeichnet.

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