Kontaktcenter 2.0

Contact CenterManagement

PostFinance will zur Nummer eins der digitalen Banken der Schweiz werden. Dazu leisten auch die 500 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Kontaktcenter ihren Beitrag. Thomas Bürgler, Leiter Kontaktcenter, beantwortet uns ein paar Fragen dazu.

Sie sind seit Anfang 2019 Leiter des Kontaktcenters bei PostFinance. In welchem Stadium befand sich damals die Transformation zum «Kontaktcenter 2.0»?

Damals war klar, dass wir das Kontaktcenter als Dreh- und Angelpunkt in der Kundeninteraktion positionieren wollen. Seither haben wir Handlungsfelder und konkrete Massnahmen definiert und arbeiten jetzt daran, sie umzusetzen. Die Initiative ist der Beitrag des Kontaktcenters zur Weiterentwicklung von PostFinance. Die Arbeitsweise der Agentinnen und Agenten wird sich dadurch verändern.

Welche Handlungsfelder gehen Sie denn an?

Einerseits wollen wir das Anrufvolumen aktiver steuern und auf digitale Kontaktpunkte migrieren. Beispielsweise, indem wir auf unserer Website den digitalen Assistenten stärker positionieren. Der ist insbesondere dazu da, einfache Fragen zu beantworten, die uns häufig gestellt werden. Weiter wollen wir die «First Contact Resolution» erhöhen, das heisst, mehr Anliegen beim ersten Anruf erfüllen. Ein weiteres wichtiges Thema ist der sogenannte Sales-Shift: Wir haben fast gleich viele Anrufe pro Jahr, wie wir Kundinnen und Kunden haben. Die Anzahl Anrufe ist jedoch nicht gleichmässig verteilt – viele Kundinnen und Kunden rufen uns selten an. Und wenn sie dann anrufen, dann wollen wir jetzt vermehrt die Gelegenheit nutzen und ihnen Produkte aus unserer Palette anbieten, die für sie passen. Leadbasiertes Arbeiten nennen wir das. Aufgrund dieser Veränderungen passen wir auch die Messgrössen an. Die durchschnittliche Bearbeitungsdauer (Average Handling Time) war zentral und wird wichtig bleiben. Sie wird jedoch relativiert, da die Art von Gesprächen, die wir in Zukunft führen werden, mehr Zeit in Anspruch nimmt.

Was bedeuten diese Veränderungen für die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter?

Die Arbeit der Agentinnen und Agenten wird ganz klar aufgewertet. Die Veränderungen zielen insgesamt darauf ab, dass sich die Mitarbeitenden mehr Zeit nehmen können für Kunden mit komplexen Anliegen. Das heisst, die Arbeit im Kontaktcenter wird anspruchsvoller.

Wie haben die Mitarbeitenden reagiert?

Die Mitarbeitenden haben sehr schnell verstanden, was wir in Bezug auf den Verkauf von Produkten erwarten. Nämlich, dass sie «Upselling» betreiben und den Kundinnen und Kunden Produkte anbieten, die für sie passen könnten. Das hat viele erfreut, einige haben aber auch skeptisch reagiert. Denn es gibt Mitarbeitende, die repetitive Tätigkeiten schätzen. In einem gewissen Mass haben wir die Möglichkeit, die Agentinnen und Agenten gemäss ihren Fähigkeiten einzusetzen. Bei neuen Mitarbeitenden testen wir, ob jemand gut und gerne verkauft.

Wie wichtig ist das Commitment der Geschäftsleitung?

Das ist elementar und das haben wir auch. Der Bezug zur Strategie des Unternehmens ist ganz klar gegeben: PostFinance will zur führenden digitalen Bank der Schweiz werden und befindet sich mitten in dieser Transformation. Dabei ist unbestritten, welch wichtige Rolle das Kontaktcenter beim «Digital Shift» der Kundinnen und Kunden hat. Und bei der Ertragssteigerung. Denn aufgrund des Kreditverbots ist das Geschäftsmodell von PostFinance unter Druck.

Die Bankenbranche ist sehr reguliert. Gibt es dadurch spezielle Herausforderungen?

Für das Implementieren von technischen Lösungen, ja. Beispielsweise dürfen wir aus regulatorischen Gründen keine Kun- dendaten in einer Cloud speichern, die im Ausland gehostet wird.

Welche Tipps würden Sie dem Leiter/der Leiterin eines anderen Kundencenters geben? 

Effizienzsteigerung ist bestimmt überall ein Thema. Wir sollten die Chancen neuer Technologien nutzen und mithelfen, die Automatisierung von Prozessen voranzutreiben und die Kunden gezielt auf kostengünstige Kanäle zu lenken. Daneben empfehle ich, sich zu überlegen, welche Services und Mehrwerte zusätzlich für die Kunden und das Unternehmen erbracht werden können. So gelingt es besser, das Management vom Stellenwert eines Kundencenters und der Bedeutung der Kundeninteraktion zu überzeugen. Ganz wichtig ist auch: Falls es einen physischen Vertrieb im gleichen Unternehmen gibt – diesem un- bedingt die Hand reichen, zusammenspannen und sich gegenseitig unterstützen. Bei PostFinance sind wir dazu übergegangen, die Kunden sogenannt poten- zialorientiert zu betrachten. Sie haben keinen fix zugeteilten Berater oder Beraterin mehr. Unser CRM unterstützt uns bei der Kundenbetreuung. Es zeigt uns an, wann und zu welchem Thema der Kunde zum letzten Mal Kontakt mit uns hatte und welche Produkte für ihn in Frage kommen.

Meike Tarabori, Chefredaktorin cmm360

Meike Tarabori

Im Januar 2019 übernahm Meike Tarabori die Position als Chefredakteurin des cmm360, das renommierte Schweizer Magazin für Customer Relations Stars und Service Champions. Als erfahrene Expertin für Marketing und Kommunikation mit Abschlüssen in Business, Marketing und deutscher Literatur hat sie wertvolle Erfahrungen unter anderem bei Unternehmen wie KUKA Robotics und zuletzt beim Cybathlon ETH Zürich gesammelt. Im Rahmen eines umfangreichen Rebranding-Projekts verlieh sie dem cmm360 seine aktuelle, moderne Ausrichtung. Seitdem hat sie nicht nur die Onlinepräsenz des Magazins erfolgreich etabliert, sondern kontinuierlich neue Formate wie die Podcasts «Nice To Meet You», «Meike's Raumzeit» und «ICT Talk» entwickelt. Darüber hinaus fungiert sie als Organisatorin des Schweizer Customer Relations Awards, eine Plattform, die innovative Projekte zur Gestaltung nachhaltiger Kundenbeziehungen und einzigartiger Kundeninteraktionen würdigt und auszeichnet.

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