Es gibt kein 0815-Rezept für Digitale Transformation

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Es gibt kein 0815-Rezept für Digitale Transformation

Die digitale Transformation verändert Geschäftsmodelle grundlegend. Unternehmen müssen flexibel bleiben, um mit neuen Technologien und veränderten Kundenbedürfnissen Schritt zu halten. KI, Cybersecurity und regulatorische Anforderungen spielen eine zentrale Rolle. Herausforderungen wie Silodenken, fehlende Strategien und Sicherheitsrisiken müssen aktiv adressiert werden. Erfolgreiche Unternehmen setzen auf datengetriebene Entscheidungen, agile Geschäftsmodelle und eine offene Unternehmenskultur. Der Mensch bleibt dabei essenziell – Mitarbeitende müssen in den Wandel integriert werden, um langfristigen Erfolg zu sichern.

In dieser Ausgabe von «Nice To Meet You» habe ich das Vergnügen, Prof. Dr. Sita Mazumder willkommen zu heissen. Sie ist Professorin für Business und IT an der Hochschule Luzern. Gemeinsam sprechen wir über die Transformation von Geschäftsmodellen in unserer digitalen Ära und die Rolle des «Digital Business» dabei.

Was heisst Digital Business? Was muss man sich darunter vorstellen?

Prof. Dr. Sita Mazumder: Digital Business ist ein grosser und umfassender Begriff, ähnlich wie zahlreiche andere Makrobegriffe, und wird deshalb auch unterschiedlich verwendet. Für mich beginnt Digital Business immer mit dem Geschäftsmodell, dieses für das digitale Zeitalter fit zu halten oder fit zu machen. Das ist nichts Neues, denn Veränderungen haben immer auch Anpassungen an den Geschäftsmodellen bedingt. Bei Digital Business steht das Digitale und wie es uns respektive unsere Welt verändert im Zentrum.

Technologie ist allgegenwärtig und ein Treiber im heutigen Business. Wie verändert uns dies?

Prof. Dr. Sita Mazumder: Du sprichst es richtig an. Technologie spielt eine zentrale Rolle in unserer heutigen Welt und ist in allen Lebensbereichen gegenwärtig. Wichtig ist aber, im Auge zu behalten, dass die Technologie ein Werkzeug ist, welches Veränderungen bewirkt; gewisse Technologien mehr und andere weniger. Die zentrale Frage ist also, welche Veränderungen und was diese für uns bedeuten, gerade mit Blick auf den Business Case.

Dass «Digital» gekommen ist, um zu bleiben, und dass «Digital» unser Leben massiv verändert hat und die Entwicklungen weitergehen, ist der gegebene Rahmen. Diese Veränderungen durchdringen all unsere Lebensbereiche und lassen sich auch nicht voneinander abgrenzen. Wir alle arbeiten heute anders als noch vor ein paar Jahren – neue Tools, Prozesse usw. In meinem Teenageralter hatte ich einen Sommerjob, bei dem ich noch mit Telex gearbeitet habe. Oder schauen wir uns an, wie das Banking sich verändert hat. Die Liste ist endlos. Es zeigt aber auch, dass Stillstand keine Option ist.

Kannst du uns ein konkretes Beispiel geben, wie sich die Arbeitswelt durch Technologie verändert?

Prof. Dr. Sita Mazumder: Nehmen wir das aktuelle Beispiel der generativen KI. Texte, Bilder etc. können automatisch generiert oder angepasst werden. Oft sind die Outcomes nicht perfekt und müssen noch überarbeitet, aber eine Grundlage ist schon mal da und das mehr oder weniger auf Knopfdruck. Doch wo Nutzen, da auch Risiko, beispielsweise Deepfakes, bei denen Inhalte so angepasst werden, dass die Realität nicht mehr gegeben ist und die oft nicht als Fakes erkennbar sind. Egal, ob im Beruf oder Privatbereich, wir können den Nutzen dieser Werkzeuge geniessen und müssen gleichsam vorsichtig in Bezug auf den Missbrauch sein.

Wie beeinflussen diese Veränderungen bestehende Geschäftsmodelle?

Prof. Dr. Sita Mazumder: So simpel es klingt: Als Unternehmen muss ich mich immer fragen, wofür meine Kundschaft heute und in absehbarer Zukunft bereit ist, zu bezahlen. Wir haben, denke ich, alle die klassischen Beispiele miterlebt: Das Reisebüro kam in die Bredouille, weil eine Mehrheit nicht mehr bereit war, für das, was man nun einfach selbst tun konnte, ein Geschäft zu bezahlen. Printmedien, Plattengeschäfte, usw. Das gilt für Dienstleistungen ebenso wie für Produkte. Natürlich verändert sich laufend die Art, wie ich mein Angebot erschaffe, die Produktionsseite also. Und das Risikomanagement wurde um neue Risiken, wie beispielsweise vorgängig angesprochen, erweitert. Dazu kommen neue Konkurrenten, ein veränderter Arbeitsmarkt usw. Ein Geschäftsmodell ist von vielen Faktoren abhängig und getrieben und jedes verhält sich anders bei Veränderungen. Es gibt kein 0815-Rezept für Digital Business.

Was sind deiner Meinung nach die Gründe dafür, dass Unternehmen Schwierigkeiten haben, diesen Wandel zu vollziehen?

Prof. Dr. Sita Mazumder: Ein grosser Hemmschuh ist oft die Frage, wo man anfangen soll. Die eigentlichen Herausforderungen sind vielleicht noch nicht genügend analysiert, die technologischen Veränderungen komplex und die Angst, am falschen Ort, mit den falschen Werkzeugen zu beginnen, gross. Das hat auch seine guten Gründe: falsch investiert, auch im Digitalbereich, kann schnell viel Geld verschlingen. Dann spielen auch regulatorische Unsicherheiten eine Rolle. Soweit möglich, ist eine flexible Herangehensweise mit Wachsamkeit gefragt.

Wie sieht es mit dem Einfluss der Kundinnen und Kunden aus? Treibt deren Nachfrage nach Convenience diese Entwicklung nicht auch parallel voran?

Prof. Dr. Sita Mazumder: Ja, definitiv. Kundinnen und Kunden fordern zunehmend Nutzen und Convenience. Klassisches Beispiel ist das Smartphone. Heutzutage wollen wir alles über das Smartphone erledigen können: E-Banking, Fitnessmonitoring, Social Media, Loyalty Konto etc. – berufliche und private Anwendungen, alles auf einem Gerät. Diese umfassende Nutzung ist für viele von uns selbstverständlich geworden. Wer hier nicht mithalten kann, gerät bei einem Grossteil der Kundschaft ins Hintertreffen. Natürlich haben wir auch hier einen klassischen Zielkonflikt: Sicherheit und Convenience. Unser vorangehendes Beispiel: ein Smartphone, alles darauf. Als Unternehmen muss ich hier eine bewusste Entscheidung treffen: wie viel Kundenwunsch setze ich um und wie viel Risiko ist für ein funktionierendes Geschäftsmodell tragbar?

«Die tollste Technologie bringt nichts, wenn ich die Belegschaft nicht mit an Bord habe.»

Wie gehen Unternehmen mit Cybersecurity und regulatorischen Herausforderungen am besten um?

Prof. Dr. Sita Mazumder: Es braucht wie so oft präventive, aber auch kurative Massnahmen, um eine Resilienz zu schaffen. Das bedeutet, dass präventive Massnahmen notwendig, aber nicht hinreichend sind. Heute ebenso wichtig ist, dass cyberrelevante Ereignisse schnellstmöglich erkannt und akkurat darauf reagiert werden können. Themen wie Krisenmanagement, BCM und weitere gehören hier natürlich direkt dazu. All dies sollte Teil eines umfassenden Risikomanagements sein, bei dem es auch darum geht, den Risikoappetit abzuschätzen und die Frage zu klären, welche Risiken man bewusst eingeht, welche man vermeidet und welche man versichert. Aber eine 100-prozentige Sicherheit gibt es auch hier nicht.

Regulatorische Anforderungen spielen ebenfalls eine grosse Rolle und müssen aufmerksam verfolgt werden. Sich an die Normen zu halten, ist Voraussetzung. Gleichzeitig sollte man sich einen gewissen Handlungsspielraum bewahren. Das gilt für alle Bereiche, nicht nur Cybersecurity. Vorauseilender Gehorsam kann dazu führen, dass man sich Chancen unnötig vergibt.

Wie nimmt man Mitarbeitende mit auf diese Reise?

Prof. Dr. Sita Mazumder: Der «Human Factor» ist eines meiner Lieblingsthemen und für mich von enormer Bedeutung: Die tollste Technologie bringt nichts, wenn ich die Belegschaft nicht mit an Bord habe. Natürlich gibt es bei Menschen, sprich Mitarbeitenden, bei Veränderungen Bedenken und Ängste – das war schon immer so. Bei neuen Technologien wie beispielsweise Künstlicher Intelligenz (KI) ist das nicht anders. Gewisse hatten vielleicht noch keine oder wenig Berührungspunkte damit, können diese auch zu wenig greifen, lesen ganz unterschiedliche Dinge darüber usw. Hier sind Schulung und Aufklärung zentral. Aber es beginnt damit, auf Augenhöhe zuzuhören und zu kommunizieren und diese Mitarbeitenden ernst zu nehmen. Wenn Mitarbeitende verstehen, was die Veränderungen bedeuten, wie sie ihren Arbeitsalltag beeinflussen und welche Vorteile oder auch Nachteile aufsie zukommen, werden sie eher damit arbeiten. Und ja, alle kann man nie abholen. Auch das liegt in der Natur der Veränderung.

Dein Ratschlag für den Weg in die digitale Zukunft?

Prof. Dr. Sita Mazumder: Ratschläge sind immer so eine Sache. Was für das eine Unternehmen gilt, muss nicht automatisch auch für ein anderes passen. Generalistisch würde ich sagen, dass es für Unternehmen wichtig ist, die Strategie öfter zu überprüfen, als es die klassischen Lehrbücher empfehlen. Die Zeiten, in denen Strategie nur alle fünf Jahre überdacht wurde, sind vorbei. Das digitale Zeitalter hat die Geschwindigkeit in den Veränderungen erhöht und ob man es mag oder nicht, die technologischen Entwicklungen und ihre Effekte halten sich nicht an Strategieperioden. Das bedingt Flexibilität und Offenheit, auch Geschäftsmodelle anzupassen.

Gibt es einen Moment aus deiner eigenen Erfahrung als Unternehmerin, der dir in diesem Zusammenhang besonders in Erinnerung geblieben ist?

Prof. Dr. Sita Mazumder: Da gibt es mehrere, aber ich möchte einen herauspicken, der vielleicht nicht so offensichtlich ist. Besonders in produzierenden Unternehmen sehe ich oft Unterschiede zwischen den Beschäftigten in den Werkhallen und jenen in den Büros. Erstere haben beispielsweise oft keine eigenen Arbeitsplätze oder Online-Zugänge. Vielfach gestalten wir unbewusst für Bürobeschäftigte ganze Schulungsplattformen als Beispiel toll gemacht und mit viel Aufwand. Nur bleiben dann jene aussen vor, welche eben gar nicht darauf zugreifen können oder nur mit Hürden und Aufwand. Digitalisierung betrifft das ganze Unternehmen, daher ist es entscheidend, alle Mitarbeitenden auf dieser Reise mitzunehmen.

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