Viele mittelständische Unternehmen setzen noch immer auf Perfektion als Massstab für erfolgreiche Führung. Doch dieser Anspruch blockiert Innovation, hemmt Eigeninitiative und verunsichert Mitarbeitende. Heute zählt mehr: Sinn und Haltung. Gerade jüngere Generationen fragen nach dem «Warum» eines Unternehmens – nach seiner Verantwortung für Gesellschaft, Mitarbeitende und Kunden. Führungskräfte, die Werte sichtbar machen und vorleben, werden zu glaubwürdigen Markenbotschaftern. So entsteht Orientierung nach innen und Strahlkraft nach aussen.
In vielen mittelständischen Unternehmen herrscht noch immer der Glaube, dass Führung vor allem darin besteht, Prozesse zu optimieren, Fehler zu vermeiden und Ergebnisse zu maximieren. Perfektion wird dabei häufig als Maßstab gesehen – sei es in der Produktqualität, der Dienstleistung oder der internen Organisation. Doch sie hat einen Preis, indem sie Innovation lähmt, Eigeninitiative erstickt und Mitarbeitende in der ständigen Angst zurücklässt, nicht genug zu sein. «Die Märkte verändern sich jedoch schneller als je zuvor. Kunden wie Mitarbeitende erwarten längst nicht mehr nur makellose Produkte oder Prozesse – sie wollen Haltung. Wofür steht das Unternehmen?», zeigt Ben Schulz, Unternehmensberater und Vorstand der Ben Schulz & Partner AG, auf. Genau hier setzt ein Gedanke an: Purpose statt Perfektion.
Sinn stiften wirksamer als Fehler vermeiden
Menschen suchen in ihrer Arbeit nach Bedeutung. Gerade die jüngeren Generationen, die heute in den Arbeitsmarkt eintreten, stellen Fragen: Wozu gibt es dieses Unternehmen? Welchen Beitrag leistet es zur Gesellschaft? Wie geht es mit seinen Mitarbeitenden, Kunden und Partnern um? Wer hier keine überzeugende Antwort gibt, verliert Talente und damit letztlich Wettbewerbsfähigkeit. «Führungskräfte, die sich nur über Kennzahlen und Kontrolle definieren, werden diesen Anforderungen nicht gerecht. Wer hingegen den Purpose, also den übergeordneten Sinn, sichtbar macht und konsequent vorlebt, entfaltet eine ganz andere Strahlkraft», so Schulz. Das gilt sowohl intern als Orientierung für Mitarbeitende als auch extern als Botschaft für Kunden, Investoren und die Öffentlichkeit.
Führungskräfte als Markenbotschafter
Marken sind heute weit mehr als Logos oder Werbekampagnen. Sie verkörpern das erlebbare Versprechen eines Unternehmens und werden tagtäglich in Gesprächen, in Entscheidungen und im Umgang miteinander sichtbar. Führungskräfte prägen diese Marke unmittelbar. «Sie tun dies beispielsweise im Alltag mit den Mitarbeitenden. Wer Wertschätzung, Transparenz und Klarheit lebt, zeigt den Kern der Unternehmenskultur. Gleiches gilt für den Marktauftritt: Ob in Kundengesprächen, auf Messen oder in öffentlichen Statements – die Haltung einer Führungskraft strahlt nach außen und prägt das Markenbild», erklärt der Experte. Gerade wenn Unsicherheit herrscht, ist die Glaubwürdigkeit von Führungskräften entscheidend. Sie geben Orientierung und Sicherheit und tun dies nicht durch perfekte Antworten, sondern durch ehrliche Kommunikation und eine klare Haltung. «Noch unterschätzen viele Führungskräfte, dass sie selbst die sichtbarsten Botschafter der Unternehmenswerte sind», ergänzt der Experte.
Mittelstand besonders gefragt
Nähe, Verlässlichkeit und Authentizität zählen zu den zentralen Erfolgsfaktoren im Mittelstand. Während Konzerne häufig mit abstrakten Leitbildern arbeiten, zeigen mittelständische Unternehmen glaubwürdig, wie Werte im Alltag gelebt werden. Doch diese Chance wird nur dann genutzt, wenn die Führungsebene bereit ist, sich selbst als Teil der Marke zu begreifen. Wer ausschließlich auf Perfektion und Kontrolle setzt, verpasst den entscheidenden Hebel. «Es geht um Mitarbeitende, die stolz sind, Teil der Organisation zu sein und um Kunden, die sich mit ihrer Haltung identifizieren. Für Führungskräfte bedeutet das zum Beispiel, in den Dialog mit ihren Teams zu gehen und zu erfahren, was sie wirklich motiviert oder stolz macht. Auch die bewusste Gestaltung der Außenwirkung trägt entscheidend zur positiven Beeinflussung bei», sagt Schulz.
«Die Zukunft gehört nicht den Perfektionisten, sondern den Sinnstiftern. Entscheider im Mittelstand haben die Chance, ihr Unternehmen nicht nur über Prozesse, Produkte oder Preise zu definieren, sondern über Haltung», fügt er hinzu. Wer als Führungskraft Marken- und Wertebotschafter wird, schafft Orientierung nach innen und Strahlkraft nach außen.