Autoren: Christoph Spengler und Dr. Peter Sopp
Die Bewertung von Erfolg ist – zumindest gefühlt – nicht selten eine philosophische Frage. Wie lässt sich der Erfolg einer Kampagne messen? Wie weiss man, ob sich die Investitionen gelohnt haben? Die Ansichten und Werkzeuge unterscheiden sich – die zentralen Begriffe bleiben gleich: Impact und ROI. Nachfolgend konkrete und praxistaugliche Ansätze für eine Lösungsfindung.
Was wäre wenn? Hypothetische Fragen nach dem Impact oder eben der Wirkung in der Marktbearbeitung – häufig im Konjunktiv gestellt – laden zum Gedankenexperiment ein. Regelmässig lösen sie aber auch stundenlange Diskussionen im Unternehmen aus: Nettoeffekte, wie z.B. inkrementeller Umsatz oder Deckungsbeitrag, von Strategien und Kampagnen werden gesucht.
Hierzu einige Beispiele:
- Wie viel wäre ohne die dreiwöchige Promotionskampagne verkauft worden?
- Wie sähe unser Getränkeumsatz ohne heisse Sommertage aus?
- Wie hätte sich die Markenstärke ohne nationale Imagekampagne entwickelt?
- Was wäre der Umsatzzuwachs ohne die neuen Verkaufsstellen?
- Oder: Wo stünde heute die Kundenzufriedenheit ohne die grosse Customer-Experience-Initiative?
Wer hier anstelle von Vermutungen und Schätzungen mit belastbaren Zahlen aufwarten kann, ist bestens für alle Arten von Herausforderungen gewappnet: Eine datenbasierte Entscheidungsgrundlage macht das Leben zweifelsohne einfacher.
Was ist Erfolg?
Ohne jetzt beim Thema «Erfolg» in philosophische Sphären abzudriften: Irgendwie kommt man früher oder später auf die Betrachtung des «Return on Investment» (ROI). Unbestritten ist es wertvoll, einen Blick auf Klassiker, wie z.B. Markenbekanntheit, NPS, Kundenzufriedenheit, Clicks, Leads oder andere verbreitete Kennzahlen, zu werfen. Doch die harte Währung, sozusagen der König unter den Kennziffern, ist und bleibt der ROI.
Zugegeben, die Etablierung einer Erfolgsmessung in einer Omnichannel-Marktbearbeitung ist keine einfache Mission. Allein mit mathematischen Formeln und Tools wird es schwierig, die PS im Unternehmen auf den Boden zu bringen. Zuversichtlicher darf sein, wer bewusst an der Akzeptanz eines standardisierten Mess- und Beurteilungskonzeptes arbeitet. Deshalb sollte das Instrument inhaltlich und konzeptionell gut nachvollziehbar, variabel einsetzbar und einfach zu bedienen sein. One-Size-Fits-All-Ansätze helfen erfahrungsgemäss nicht wirklich weiter. Von Beginn an müssen klare Ziele formuliert werden, um das Instrument sauber aufzusetzen, die Fortschritte zu messen und sich kontinuierlich zu verbessern.
Dazu ist es hilfreich, auch offen über die Stärken und Schwächen des gewählten Modells zu sprechen: Praktiker:innen wissen, dass jedes ROI-Modell stets eine gewisse Scheingenauigkeit mit sich bringt. So lautet der berühmte und zutreffende Satz über Modelle: «All models are wrong, but some models are useful» (George E.P. Box 1987)». Und so macht es ganz bestimmt wenig Sinn, bei einer solchen Annäherungsrechnung auf die dritte Nachkommastelle zu setzen. Viel wichtiger ist: Sie müssen nachvollziehbar sein, sich in der Praxis bewähren und belastbare Ergebnisse generieren.
Klärung der zentralen Begriffe: Impact und ROI
Impact bezieht sich auf die Wirkung einer Strategie oder Kampagne in der Marktbearbeitung. Es geht also um die Messung der Reaktionen der (potenziellen) Kund:innen auf eine unternehmerische Aktivität. Mögliche Ziele können z.B. die Erhöhung der Markenbekanntheit, die Verbesserung des Kundenerlebnisses oder die Steigerung des Abverkaufs sein.
Wenn von Kampagnen und Strategien die Rede ist, bezieht sich der ROI gewöhnlich auf das Verhältnis des inkrementellen Deckungsbeitrag und dem Marketing Investment. Er ist das Mass dafür, wie viel Geld ein Unternehmen durch seine Marktbearbeitungsmassnahmen verdient in Relation zu den Kosten oder eben Investitionen, die es für diese Aktivitäten aufwendet. Ein hoher ROI zeigt, dass die Mittel effizient eingesetzt wurden und eine positive Rendite erzielt wurde.
Impact und ROI sind eng miteinander verbunden, da ein hoher Impact einer Marketingaktivität normalerweise zu einem höheren ROI führt. Leider kann es vorkommen, dass mancher Impact sehr teuer erkauft ist. Um diese Falle zu vermeiden, sollte man beide Aspekte getrennt betrachten. Neben der Kostenkontrolle steht damit auch ein gutes Instrument für den Vergleich von Strategien und Kampagnen zur Verfügung.
Simplifizierung dank Ordnungsrahmen
Angesichts der Vielzahl und Vielschichtigkeit der Kennzahlen lohnt es sich, einen Ordnungsrahmen im Unternehmen zu etablieren. Dadurch bringt man nicht nur mehr Ordnung in den Kennzahlensalat, sondern schärft auch den Blick aufs Wesentliche. Hilfreich und bestens bewährt hat sich das Konzept der Wirkungslogik mit seinen fünf Stufen Input, Execution, Output, Outcome und Impact.
Abbildung 1: Das Konzept der Wirkungslogik mit seinen fünf Stufen Input, Execution, Output, Outcome und Impact
Dieser Ordnungsrahmen – so vereinfachend er auch sein mag – hilft nicht nur Marktbearbeitungsmassnahmen zu planen und durchzuführen, sondern sie auch zu bewerten und vor allem für eine kontinuierliche Verbesserung daraus zu lernen.
Unsere Wirkungslogik setzt sich aus den folgenden Elementen zusammen:
- Input sind die Mittel / Ressourcen, die für die Kampagne eingesetzt wurden, wie z.B. Personal und Budget.
- Execution bezeichnet die Entwicklung, Planung und Steuerung einer Kampagne, wie z.B. Auswahl der zentralen Zielgruppen, Touchpoints und Inhalten.
- Output ist der unmittelbare Effekt einer Kampagne bzw. der Response auf Seiten der Zielgruppen, wie z.B. Anzahl Besucher:innen auf einer Website (Traffic), Anzahl der Verkäufe bzw. Bestellungen.
- Outcome bezieht sich auf die langfristigen Auswirkungen oder Ergebnisse einer Kampagne, z.B. Erhöhung der Markenbekanntheit.
- Impact bezeichnet die tatsächliche bzw. isolierte Wirkung einer Kampagne, wie z.B. auf eine Zielgruppe. Die Bewertung des Impacts erfordert oft eine umfassende Analyse, wie z.B. die Berücksichtigung von Störeffekten.
Inkrementalanalyse macht Impact messbar
Mithilfe des inkrementellen Umsatzes lässt sich die Wirksamkeit einer Omnichannel-Kampagne beurteilen. Gemeint ist die Differenz zwischen dem tatsächlichen Umsatz, der während einer bestimmten Aktion erzielt wurde, und dem Umsatz, der ohne diese Aktion im gleichen Zeitraum erzielt worden wäre. Der wichtigste Wert, der bei der Ermittlung des Zusatzumsatzes bzw. des inkrementellen Umsatzes berücksichtigt werden sollte, ist der Basisumsatz.
Abbildung 2: ROI-Berechungsmodell für eine Omnichannel-Kampagne (illustrativ) für eine Verkaufspromotion im Einzelhandel
Der erste Begriff steht für die Umsatzzahlen, die ohne Marketingmassnahmen erwartet werden können. Dies kann umfangreiche Recherchen und Datenanalysen erfordern, um genau zu bestimmen, wie viel von einem Produkt oder einer Dienstleistung ohne Kampagnen verkauft worden wäre. So müssen auch Bereinigungsfaktoren bzw. Störeffekte, wie z.B. Saisonalität, Wachstum über neue Verkaufskanäle, regionale Besonderheiten, Entwicklung des spezifischen Marktes berücksichtigt werden. Aber ist diese Grösse erst einmal ermittelt und verabschiedet, ist der erste Meilenstein gelegt.
Um nun den ROI zu berechnen, sind lediglich das Marketing Investment und der inkrementelle Deckungsbeitrag erforderlich. Der inkrementelle Deckungsbeitrag setzt sich aus dem inkrementellen Umsatz und der durchschnittlichen Deckungsbeitrag-Marge (Deckungsbeitrag in % des Umsatzes) zusammen. Werden diese beiden Kennzahlen ins Verhältnis gesetzt, erhält man den ROI.
Akzeptanz als Erfolgsfaktor
Der zweite grosse Meilenstein liegt bei der Akzeptanz. Schon verschiedentlich haben wir erlebt, dass durchaus praxistaugliche Lösungen aufgrund einer fehlenden Akzeptanz rasch in der Schublade verschwunden sind. Auch gibt es immer Stimmen, die solche Modelle als praxisfremd und wenig hilfreich empfinden. Kritische Stimmen soll man immer ernst nehmen und so lohnt sich allemal, aktiv Überzeugungsarbeit zu leisten. Durch die eigene langjährige Verwendung haben wir zudem den grossen Nutzen des beschriebenen Modells selbst kennen und schätzen gelernt.
Eine breite Verankerung und Akzeptanz im Unternehmen ist also auch bei diesem Vorhaben durchaus zentral. Gerne erwähnen wir an dieser Stelle folgende Erfolgsfaktoren:
- Einfache und übersichtliche Anwendung und Darstellung
- Transparentes und nachvollziehbares Konzept
- Flexible Auswertungen, z.B. nach Produkt- oder POS-Kategorien, Regionen oder Vertriebswege
Damit kann es gut gelingen, eine einheitliche Sprache und Konsens zu finden – über Abteilungen, Produktkategorien und Regionen hinweg.
Herausforderung bei der Umsetzung
Obwohl die Vorteile klar auf der Hand liegen, sind es immer wieder dieselben Dinge, die zu Frustration führen:
- Uneinheitliche Auswertungsmethoden im Unternehmen
- Fehlendes gemeinsames Verständnis zwischen Abteilungen in der Marktbearbeitung und auch Finanz und Controlling
- Hoher manueller Zeitaufwand und Fehleranfälligkeit
- Zu wenig Lerneffekte und Optimierung durch Best Practice
- Fehlendes Training der Mitarbeiter:innen
- Aktualisierung bzw. Weiterentwicklung der betrieblichen Berechnungsmodelle
Über die Autoren
Seit über 15 Jahren arbeiten Christoph Spengler und Dr. Peter Sopp bei Accelerom zusammen und unterstützen gemeinsam Unternehmen in unterschiedlichen Branchen rund um die Themen Kundenzentrierung, Digitalisierung sowie Performancemanagement in einer Omnichannel-Marktbearbeitung.
Christoph Spengler, Gründer und Managing Director
Zu seinen Kernkompetenzen zählen Management, Marketing, Vertrieb und Unternehmensentwicklung. Während mehr als fünfzehn Jahren arbeitete er in leitenden Funktionen in der Konsumgüter-, Detailhandels- und Finanzbranche. Dies unter anderem bei Unilever, McDonald’s sowie PWC. Zudem wirkt Christoph Spengler seit mehreren Jahren nebenamtlich als Gastreferent und Dozent für strategische Marketing- und Vertriebssteuerung an verschiedenen Hochschulen in der Schweiz und Deutschland.
Dr. Peter Sopp, Principal Statistician
Zu den Kernkompetenzen von Dr. Sopp gehören die Durchführung von komplexen Projekten im Bereich der Markt- und Sozialforschung. In den letzten Jahren hat er sich mit der Mediennutzung, insbesondere den Online-Aktivitäten beschäftigt und dazu auch internationale Studien durchgeführt. Daneben liegt ein Schwerpunkt seiner Arbeit auf der Datenerhebung und -analyse und der Anwendung von Statistik im interdisziplinären Umfeld.
Christoph Spengler
Christoph Spengler ist Gründer und Managing Director von Accelerom, einem international tätigen Beratungs- und Research-Unternehmen mit Sitz in Zürich. Seit über zehn Jahren verzahnt Accelerom Managementpraxis und innovative Forschung und begleitet Kunden von der Analyse bis zur Umsetzung. Dabei dreht sich alles um die Perspektive des Kunden und seine Customer Journey in Marketing, Vertrieb, Kommunikation und Services – immer ganzheitlich, immer messbar, immer mit Wirkung und Wirtschaftlichkeit im Fokus.