Design Thinking ist ein bewährter Innovationsansatz für B2B-Unternehmen, um komplexe Probleme nutzerzentriert zu lösen und die Customer Experience (CX) systematisch zu verbessern. Der Artikel bietet eine praxisnahe Schritt-für-Schritt-Anleitung, die alle Phasen – von Empathie bis zur Implementierung – detailliert beschreibt. Anhand konkreter B2B-Beispiele zeigt er, wie durch gezielte Nutzerforschung, kreative Ideenfindung, Prototyping und iteratives Testen marktfähige, personalisierte Lösungen entstehen. Auch der Einfluss von Künstlicher Intelligenz auf den Design-Thinking-Prozess wird beleuchtet – etwa bei der Datenanalyse, Automatisierung und Personalisierung. Der Leitfaden sensibilisiert zudem für typische Fallstricke wie fehlende Nutzerintegration oder voreilige Umsetzung.
Die praktische CX-Power von Design Thinking für B2B-Unternehmen freisetzen: Eine Schritt-für-Schritt-Anleitung. Design Thinking (DT) hat sich in den letzten zwölf Jahren als transformative Methode zur Lösung komplexer Herausforderungen in der heutigen Geschäftswelt etabliert. Mit seinem kundenorientierten Ansatz ermöglicht es B2B-Unternehmen, die Produktgestaltung zu verbessern, das Leben ihrer Kunden positiv zu beeinflussen und Kundenerlebnisse gezielt zu optimieren.
Schritt-für-Schritt-Anleitung für Design Thinking
- Empathie: Nutzer, Kunden und Partner verstehen. Der erste Schritt im Design Thinking besteht darin, ein tiefes Verständnis für die Bedürfnisse, Herausforderungen und Wünsche der Kunden zu entwickeln. Dies geschieht durch:
- Methoden: Durchführung von Interviews, Umfragen, ethnografischer Forschung und Beobachtungen, um qualitative Daten zu sammeln. Besonders im B2B-Bereich sind Methoden wie das Begleiten von Kunden im Arbeitsalltag («Shadowing») oder die Beobachtung von Customer Journeys sehr effektiv.
- Werkzeuge: Empathy Maps und Journey Mapping helfen dabei, Kundenerlebnisse zu visualisieren und Schwachstellen in ihren Prozessen zu identifizieren.
- B2B-Beispiel: IBM setzte auf Empathie-Workshops mit Kunden, um seine Cloud-Services neu zu gestalten. Durch ausführliche Interviews und das Begleiten von IT-Managern konnte IBM konkrete Herausforderungen bei der Cloud-Migration identifizieren. Dieses tiefgreifende Verständnis ermöglichte die Entwicklung maßgeschneiderter Lösungen, die den Prozess vereinfachten und die Effizienz steigerten.
- Definition: Das Problem klar formulieren. Nachdem man ein klares Verständnis der Nutzer erlangt hat, geht es im nächsten Schritt darum, das Problem so zu formulieren, dass es sowohl den Kundenbedürfnissen als auch den Unternehmenszielen gerecht wird. Ziel ist eine prägnante Problemstellung, oft formuliert als «Wie könnten wir…?» («How Might We») Frage.
- Techniken: Analyse der Daten aus der Empathie-Phase, Identifikation von Ursachen mit Methoden wie den «5 Warum»-Fragen sowie das Aufzeigen von Abhängigkeiten, die das Problemumfeld beeinflussen.
- Ergebnis: Eine klare, fokussierte Problemstellung, die als Grundlage für die Ideengenerierung dient.
- Beispiel: SAP erkannte bei kleinen und mittelständischen Unternehmen (KMU) ein zentrales Problem: «Wie könnten wir KMUs dabei helfen, das Cashflow-Management zu verbessern?» Mithilfe von Erkenntnissen aus Gesprächen mit Finanzberatern und Unternehmern entwickelte SAP benutzerfreundliche Analysewerkzeuge zur Budgetplanung und Cashflow-Prognose.
- Ideenfindung: Kreative Lösungen entwickeln. In der Ideenfindungsphase steht unkonventionelles Denken im Mittelpunkt. Ziel ist es, möglichst viele Lösungsansätze zu generieren. Idealerweise arbeitet ein interdisziplinäres Team zusammen, um vielfältige Perspektiven zu integrieren.
- Techniken: Brainstorming, Mind Mapping und SCAMPER (Substitute – Ersetzen, Combine – Kombinieren, Adapt – Anpassen, Modify – Verändern, Put to another use – Anders verwenden, Eliminate – Eliminieren, Reverse – Umkehren). Virtuelle Whiteboards oder kollaborative Softwarelösungen fördern auch die Beteiligung von Remote-Teams.
- Best Practices: Zu Beginn zählt die Quantität der Ideen mehr als deren Qualität. Erst in einem späteren Schritt werden die Vorschläge nach Umsetzbarkeit und potenzieller Wirkung priorisiert.
- B2B-Beispiel: Das Team von Adobe entwickelte in einer Ideenfindungsrunde neue Ansätze zur Steigerung der Nutzerbindung bei Creative Cloud. Der kollaborative Prozess führte zu innovativen Funktionen wie branchenspezifischen Nutzererlebnissen und speziellen Kollaborationstools für Unternehmen.
- Prototyping: Ideen greifbar machen. Beim Prototyping geht es darum, Ideen in greifbare und testbare Formen zu überführen. Ziel ist es, schnell einfache Prototypen zu erstellen, um frühzeitig Feedback von Nutzern einzuholen.
- Methoden: Wireframes, Mock-ups, MVPs (Minimum Viable Products) oder klickbare Prototypen. Wichtig ist, dass die Nutzer mit dem Prototyp interagieren können, um konkretes und verwertbares Feedback zu geben.
- Fokus: Einfachheit und Schnelligkeit, um Schwachstellen frühzeitig zu identifizieren – gleichzeitig wird auf Skalierbarkeit geachtet.
- Beispiel: Siemens entwickelte gemeinsam mit Fertigungskunden ein Prototyp eines Predictive-Maintenance Systems. Durch iterative Entwicklung und kontinuierliche Rückmeldung der Kunden entstand eine Lösung, die Maschinenausfälle reduzierte und die Betriebseffizienz steigerte.
- Testen: Lösungen validieren. In der Testphase werden die entwickelten Prototypen den Nutzern präsentiert, um gezielt Feedback zu sammeln. Dieser iterative Prozess dient dazu, die Lösung anhand praxisnaher Erkenntnisse zu verfeinern.
- Methoden: Usability-Tests, A/B-Tests, Fokusgruppen und Live-Simulationen.
- Ziele: Schwachstellen identifizieren, die Zufriedenheit der Nutzer messen und sicherstellen, dass die Lösung mit der ursprünglichen Problemstellung übereinstimmt.
- B2B-Beispiel: Cisco testete eine neue Kollaborationsplattform zunächst mit ausgewählten Unternehmenskunden. Das Feedback dieser Pilotanwender half dabei, entscheidende Funktionen zu optimieren – was letztlich zu einer besseren Nutzererfahrung und höheren Akzeptanz führte.
- Implementierung: Lösungen skalieren und integrieren. Sobald eine Lösung validiert wurde, folgt die Umsetzung im großen Maßstab. Dabei muss sichergestellt werden, dass die Lösung mit den bestehenden Unternehmensprozessen und -strategien harmoniert – bei gleichzeitiger Offenheit für weitere Anpassungen basierend auf kontinuierlichem Feedback.
- Best Practices: Feedbackschleifen zur Leistungsüberwachung etablieren, agile Methoden für iterative Weiterentwicklung einsetzen und interne Teams schulen, um eine konsistente Umsetzung zu gewährleisten.
- Beispiel: Die Integration KI-gestützter Analytikfunktionen in die CRM-Plattform von Salesforce war das Ergebnis iterativer Tests und kontinuierlichen Kundenfeedbacks. Die Lösung erhöhte die Nutzerakzeptanz und -bindung deutlich und adressierte zentrale Herausforderungen wie Datenvisualisierung und prädiktive Analysen.
Wie Design Thinking die Customer Experience (CX) verbessert
Der Einsatz von Design Thinking im B2B-Bereich hat einen spürbaren positiven Einfluss auf die Customer Experience – und zwar in mehrfacher Hinsicht:
- Tiefes Einfühlungsvermögen fördern: Ein tiefgreifendes Verständnis für die Endnutzer auf einer sehr detaillierten Ebene ermöglicht es Unternehmen, echte Schmerzpunkte gezielt anzugehen und wirksam zu lösen.
- Lösungen personalisieren: Durch maßgeschneiderte Angebote wird sichergestellt, dass Lösungen nicht nur passen, sondern auch einen echten Mehrwert für die Nutzer bieten.
- Nutzerakzeptanz erhöhen: Einfach gestaltete, benutzerfreundliche Lösungen führen zu höheren Nutzungsraten – und schaffen somit nachhaltigen Nutzen für Kunden und Unternehmen zugleich.
Beispiel: Philips Healthcare gestaltete seine Patientenüberwachungssysteme mithilfe von Design Thinking neu.
Das Ergebnis: Werkzeuge, die nicht nur für medizinisches Fachpersonal intuitiv zu bedienen waren, sondern auch die Angst der Patienten während ihres Krankenhausaufenthalts nachweislich reduzierten.
Wie KI das Design Thinking beeinflusst
Künstliche Intelligenz revolutioniert das Design Thinking, indem sie dessen Möglichkeiten erweitert und datengetriebene, innovative Ansätze ermöglicht. Die wichtigsten Auswirkungen sind:
- Schnellere Erkenntnisse durch Datenanalyse: KI kann große Mengen an Nutzerdaten analysieren, um Muster und Präferenzen aufzudecken. Das führt zu einem tieferen Verständnis von Kundenbedürfnissen und -verhalten – und ermöglicht die Entwicklung gezielterer, wirkungsvollerer Lösungen.
- Effizienteres Prototyping und iteratives Arbeiten: KI-gestützte Tools, etwa generative Designalgorithmen, unterstützen Teams dabei, schneller Prototypen zu erstellen und Ideen weiterzuentwickeln. Dies verkürzt nicht nur die Entwicklungszeit, sondern steigert auch die Qualität und die Passgenauigkeit der Lösungen.
- Personalisierte Nutzererlebnisse: Mithilfe von KI-basierten Empfehlungssystemen und prädiktiven Analysen können Unternehmen hyperpersonalisierte Nutzererlebnisse gestalten, die sich dynamisch an das Verhalten der Anwender anpassen – mit dem Ergebnis höherer Interaktion und Zufriedenheit.
Beispiel: Adobe Sensei verbindet KI mit Design Thinking, indem es Werkzeuge bereitstellt, die wiederkehrende Aufgaben automatisieren, Designempfehlungen geben und kreative Prozesse unterstützen. So können sich Designer stärker auf Innovation konzentrieren und gleichzeitig effizientere, nutzerzentrierte Lösungen entwickeln.
Häufige Fallstricke, die es zu vermeiden gilt
- Empathie überspringen: Wer auf Nutzerforschung verzichtet, riskiert, Lösungen zu entwickeln, die an den tatsächlichen Bedürfnissen vorbeigehen.
- Voreilige Lösungen: Wenn zu schnell in die Umsetzung gegangen wird, ohne vorher ausreichend zu testen, entstehen oft Lösungen mit geringer Nutzerakzeptanz.
- Denken in Silos: Die Einbindung funktionsübergreifender Teams ist entscheidend – andernfalls bleiben kreative Impulse und innovative Ideen aus.
- Stakeholder vernachlässigen: Werden wichtige Interessengruppen – etwa Endnutzer oder Entscheidungsträger – nicht von Anfang an einbezogen, kann das die Umsetzung und Skalierung erheblich behindern.
Negativbeispiel: Eine Abteilung eines großen B2B-Softwareunternehmens ignorierte während der Testphase grundlegendes Kundenfeedback.
Das Ergebnis: extrem geringe Nutzerakzeptanz der neuen Plattform. Dieses Beispiel unterstreicht, wie wichtig iteratives Testen und die Einbindung aller relevanten Stakeholder im Design-Thinking-Prozess sind.
Fazit: B2B durch Design Thinking transformieren
Design Thinking ist mehr als nur eine Methodik – es ist eine Denkweise, die Innovation und Kundenorientierung im B2B-Bereich fördert. Durch einen strukturierten, iterativen Prozess – von der Empathie bis zur Implementierung – können Unternehmen Lösungen entwickeln, die nicht nur den Erwartungen entsprechen, sondern diese übertreffen.
Praxisbeispiele zeigen die transformative Kraft von Design Thinking – sei es bei der Verbesserung von Produktdesigns, der Optimierung von Dienstleistungen oder der Aufwertung des gesamten Kundenerlebnisses.
B2B-Unternehmen, die diesen Ansatz konsequent verfolgen, positionieren sich als Vorreiter in ihrer Branche und schaffen messbaren Mehrwert.

Ricardo Saltz Gulko
Ricardo Saltz Gulko ist Geschäftsführer von Eglobalis, Mitbegründer und Visionär der European Customer Experience Organization. Er ist ein globaler Stratege, Vordenker und Praktiker im Bereich Kundenerfahrung, der für Samsung und seine Kunden wahrnehmbare Design-Analysen mit Schwerpunkt auf Kundenakzeptanz, -erfahrung und -wachstum erstellt.