Katrina Gosek von Oracle zeigt im Gespräch, wie KI-Agenten die Zukunft der Customer Experience formen. Sie ermöglichen eine bislang unerreichte Personalisierung, indem sie Daten, Prozesse und Kommunikation intelligent verknüpfen. Statt Arbeitsplätze zu ersetzen, schaffen KI-Systeme neue Rollen mit höherer Wertschöpfung und fördern abteilungsübergreifende Zusammenarbeit. Durch Telemetrie und Transparenz entstehen neue, datenbasierte Steuerungsmechanismen, die Kundenbedürfnisse in Echtzeit erkennen – und so Mensch und Technologie in Einklang bringen.
Meike im Gespräch mit Katrina Gosek, Vice President CX Product Strategy & Marketing bei Oracle, live von der Oracle AI World 2025 in Las Vegas, über die Zukunft von Customer Experience und den Einsatz von künstlicher Intelligenz.
Wie sehen Sie die Rolle von KI und KI-Agenten bei der Gestaltung der zukünftigen Customer Experience?
Katrina Gosek: Die Grundbedürfnisse der Kunden haben sich seit Anbeginn des Handels kaum geändert: Kunden wünschen sich, dass ein Unternehmen sie kennt, Versprechen einhält, erreichbar ist, präzise antwortet und Expertise zu Produkten oder Services bietet. Was sich aber deutlich verändert hat, ist das Ausmass, in dem diese personalisierten Erfahrungen jedem einzelnen Kunden geboten werden müssen. Während früher nur Premiumkunden individuell betreut wurden, erwarten heute alle Kunden ein Top-Erlebnis über alle Kanäle hinweg.
KI kann hier helfen, indem sie Daten und digitale Erlebnisse skaliert und so eine eins-zu-eins-Kommunikation auf einem Niveau ermöglicht, das menschlich nicht realisierbar wäre. Enterprise-KI erweitert dieses Prinzip, indem sie das gesamte Unternehmen einbezieht – nicht nur die Kundenkontaktpunkte, sondern auch Backoffice-Prozesse wie Logistik, Fakturierung oder Produktmanagement, die letztlich Teil der Customer Experience sind
Wie definieren Sie konkret die Rolle von KI-Agenten in diesem Zusammenhang? Verbessern sie die Erfahrung für Kunden und Mitarbeitende gleichermassen?
Auf jeden Fall für beide Seiten. Der Fokus liegt oft darauf, welche Arbeitsplätze durch KI ersetzt werden. Tatsächlich schafft KI jedoch neue, stärker wertschöpfende Aufgaben für Mitarbeitende. KI-Agenten sind wie spezialisierte Expertenteams, die riesige Datenmengen und Geschäftsprozesse im Hintergrund koordinieren. Nehmen Sie ein Unternehmen, das Technikereinsätze koordiniert: Die Agenten prüfen automatisch HR-Daten, Lagerbestände, Logistikrouten und Reparaturanweisungen. So läuft alles schneller, effizienter und fehlerfreier ab – ein Gewinn für Kunde und Mitarbeitende gleichermassen.
Auch Marketing- und Vertriebsabteilungen profitieren: KI-Agenten erstellen auf Basis historischer Daten Zielgruppen, entwerfen Kampagnen inklusive Botschaften und Kanälen und leiten qualifizierte Leads direkt an den Vertrieb weiter. Damit dauert, was früher Wochen beanspruchte, heute nur noch wenige Stunden.
KI fördert also eine ganzheitliche Sicht auf den Kunden und die Kommunikation über verschiedene Abteilungen hinweg?
Genau. Statt isoliert zu denken, sprich hier Marketing, dort Service oder Sales, sehen wir Customer Experience als durchgängigen Prozess. Agenten greifen dafür auf eine gemeinsame Datenbasis zu, in der alle Kundeninteraktionen, Käufe, Rechnungen und Servicefälle zusammenlaufen. Diese Einheitlichkeit schafft einen 360-Grad-Blick auf den Kunden und macht Interaktionen kontextbezogen. Wenn ein Kunde nach einem Update fragt, weiss das System sofort, welche Produkte er nutzt, welche Servicefälle vorliegen oder ob eine Rechnung offen ist. Das beseitigt Reibungspunkte entlang der gesamten Journey.
Personalisierung spielt hier eine grosse Rolle. Wie vermeiden Sie, dass Kunden sich «beobachtet» oder «gestalkt» fühlen?
Der Schlüssel ist die Einwilligung des Kunden. Wir arbeiten ausschliesslich mit Daten, die vom Kunden bewusst bereitgestellt wurden – das nennen wir «earned personalization». Das Ziel ist, echten Mehrwert zu schaffen. Wenn Personalisierung darauf beruht, wann und wie der Kunde kauft oder kommuniziert, dann fühlt sich das hilfreich, nicht aufdringlich an. Deshalb ist Transparenz wichtig: Kunden sollen klar erkennen, welche Vorteile sie durch individualisierte Angebote haben.
Die Grenzen zwischen Produkten, Dienstleistungen und Prozessen verschwimmen immer mehr. Verändert das die Erwartungen an Customer Experience?
Absolut. Früher waren Marketing, Verkauf und Service getrennte Bereiche. Für Kunden hingegen sind das fliessende Übergänge innerhalb einer Erlebnisreise. KI-Technologien zwingen Unternehmen, diese Silos aufzulösen und das gesamte Kundenerlebnis als zusammenhängendes Ökosystem zu denken. So müssen zum Beispiel Marketing-Systeme direkt mit Lager, Logistik und Fakturierung verknüpft sein, damit Kunden ein reibungsloses Erlebnis erhalten.
Wie sieht das in der Praxis aus, wenn Sie die Messung der Customer Journey betrachten? Gibt es neue KPIs oder Messmethoden durch KI-Agenten?
Ja, wir sprechen über «Telemetry-driven KPIs». Das bedeutet: Jeder KI-Agent sammelt Metadaten zu seinen Aktionen, wie oft Tasks ausgeführt wurden, ob die Ergebnisse erfolgreich waren und welchen Einfluss sie auf Umsatz oder Zufriedenheit hatten. Diese Telemetrie ermöglicht es Unternehmen, präzise zu erkennen, wo im Prozess Optimierungspotenzial besteht. Durch solche Erkenntnisse werden nicht nur Prozesse messbarer, sondern auch strategischer steuerbar.
Transparenz und Nachvollziehbarkeit von KI-gestützten Prozessen sind für Mitarbeiter und Kunden gleichermassen wichtig. Wie gewährleisten Sie das?
Wir bauen aktuell die Grundlagen, um KI-Agenten als Module zu erstellen, die zusammenarbeiten und in ihrer Funktion transparent bleiben. Insgesamt wollen wir Unternehmen bald Tools anbieten, mit denen sie selbst KI-gestützte Prozesse per Eingabeaufforderung («Prompt») individuell gestalten und nachvollziehen können. So bleibt der Mensch immer Herr des Prozesses – überwacht, steuert und passt an, wenn nötig.
Viele Unternehmen befinden sich aktuell noch im Experimentierstadium mit KI. Wie gelingt der Übergang in die Skalierung?
Es geht darum, KI nicht als separates Thema oder Projekt zu betrachten, sondern als integralen Bestandteil der Geschäftsprozesse zu verstehen. Technologie muss einfach zugänglich sein und direkt in den Arbeitsalltag integriert werden, wie zum Beispiel als in bestehenden Anwendungen aktivierbare Funktion. So können Unternehmen leichter starten, Erfahrungen sammeln und KI sukzessive skalieren.
Gibt es Unterschiede in der KI-Adoption zwischen B2B- und B2C-Unternehmen?
Die Geschwindigkeit hängt stark von der Branche ab. Komplexe Industrien wie beispielsweise die Fertigung brauchen oft länger, weil sie viele Prozesse integrieren müssen. Finanz- oder Beratungsunternehmen, die schon digitaler aufgestellt sind, experimentieren oft schneller und intensiver. Generell gilt, dass eine gute Zusammenarbeit der verschiedenen Abteilungen ein wichtiger Erfolgsfaktor ist.
Abschliessend: Wie ist Ihre Vision für die Customer Experience im Zeitalter von KI?
Wir befinden uns in einer ähnlich transformativen Phase wie bei der Einführung des iPhones. KI verändert die Art, wie Unternehmen Kundenbeziehungen gestalten – weg von statischen, funktionsbasierten Prozessen hin zu dynamischen, kontextabhängigen Erlebnissen. Die Zukunft der Customer Experience ist vernetzt, datengesteuert und menschlich zugleich: Teams werden entlastet, Kunden werden verstanden, und Unternehmen können in Echtzeit reagieren. Entscheidend ist: Technologie muss den Menschen dienen – nicht umgekehrt.
Oracle
Oracle (NYSE: ORCL) bietet integrierte Anwendungssuiten und eine sichere autonome Infrastruktur über Oracle Cloud.

 
				 
				 
				 
				 
				 
				