Warum die Kommunikation mit Kunden Spass machen soll

Customer EngagementCustomer ValueKI-AgentenKundenbindungKundendialog

Warum die Kommunikation mit Kunden Spass machen sollWarum die Kommunikation mit Kunden Spass machen soll
Warum die Kommunikation mit Kunden Spass machen soll

Kundenkommunikation dreht sich heute oft um Effizienz, Automatisierung und KI. Dabei geht ein entscheidender Faktor schnell verloren: der Spass. Studien zeigen, dass hedonische Werte – Freude, Emotionen und ein positives Erlebnis – massgeblich die Loyalität und Weiterempfehlung beeinflussen. Marken wie Coca-Cola, Edeka oder dm beweisen, wie Humor und Emotionalität in der Ansprache wirken. Doch gerade im direkten Kontakt mit Chatbots stossen viele Unternehmen an Grenzen. Wer Kundenzufriedenheit und Bindung nachhaltig steigern will, sollte den Spassfaktor strategisch in die Kommunikation integrieren.

In Kundenbeziehungen wird durch den immer größeren Einsatz von KI und selbstständigen Agenten ein Aspekt schnell vergessen: der «hedonic value» oder, einfacher gesagt: das Spaßerlebnis. Wo hunderte Anfragen am Tag technische Lösungen geradezu erzwingen, rücken Soft-Values bisweilen in den Hintergrund. Doch die Kundenzufriedenheit lässt sich nicht nur daran messen, ob eine Anfrage ausreichend beantwortet wurde. Und selbst wenn ein Kunde nach einer Konversation seine fünf Sterne gibt, muss das nicht unbedingt heißen, dass damit auch die Loyalität gefördert wurde.

Untersuchungen zeigen, dass ein Fokus auf Emotionen und Spaß die Kundenbeziehungen und auch den Umsatz stärkt. Eine Studie in Vietnam im E-Commerce ist nur ein Beispiel: «Die Ergebnisse zeigen, dass sich die Systemqualität und die wahrgenommene Preisfairness positiv auf den hedonistischen Einkaufswert auswirken, während sich die Informationsqualität und die Servicequalität positiv auf den utilitaristischen Einkaufswert auswirken. Diese Einkaufswerte fördern gemeinsam die Kundenzufriedenheit und führen zu einer Wiederkaufabsicht.»

In einer anderen Studie untersuchten der Chilene Álvaro Chacón und seine Kollegen, wie sich Kunden in Verkaufsgesprächen verhielten, die von KI gesteuert wurden. Die Forscher wollten herausfinden, «wie die Interaktion zwischen Agenten (Mensch oder Algorithmus), Antworttypen (negativ oder positiv) und hedonistischen Werten der Kunden die Wahrscheinlichkeit beeinflussen, Marken und Unternehmen weiterzuempfehlen». Die Ergebnisse zeigten einen Moderationseffekt, bei dem die Beziehung zwischen der Art des Marketingagenten und dem Antworttyp von den hedonistischen Werten der Kunden beeinflusst wurde. Je größer das Spaßerlebnis bei Kunden war, desto eher waren sie bereit, sich für die Marke oder das Unternehmen einzusetzen.

Weiche Faktoren werden gerne mal vergessen

Diese Korrelation mag nach einer Binsenweisheit klingen, wird aber oftmals unterschätzt. Denn im Tagesgeschäft werden weiche Faktoren gerne mal vergessen, zumal sie nicht so einfach zu messen sind wie bearbeitete Aufträge, abgearbeitete Anfragen oder Verkaufszahlen. In der Studie kam heraus, dass Agenten nicht so gut wie Menschen in der Lage sind, in der Kommunikation mit Kunden positive Emotionen zu vermitteln. Antworten wurden oft als «flach» beschrieben.

Um den hedonistischen Wert zu verbessern, muss man nicht gleich Psychologen im Servicecenter haben. Eine andere Studie im Magazin «Rege» fand heraus, dass wahrgenommener Nutzen und Werbeangebote die stärksten Indikatoren für den hedonischen Wert sind. Darüber hinaus spielen soziale Interaktion und eine einfache Handhabung eine wesentliche Rolle bei der Steigerung des hedonischen Werts.

Um Kunden ein Spaßerlebnis zu vermitteln, braucht es zwei Ebenen: die direkte und die indirekte Kommunikation. Letztere basiert auf dem Branding. Je emotionaler eine Marke oder ein Unternehmen wahrgenommen wird, umso größer ist die Loyalität.

Das einfachste Beispiel ist Coca-Cola. Deren Slogans waren «Enjoy Coca-Cola», «Open Happiness» und «Taste the feeling» sowie «Real magic»: Sie sprachen Kunden über Emotionen an.

Ein anderes Beispiel ist der Lebensmittelkonzern Edeka. Die Supermarktkette setzt bei ihrer Kommunikation auf kreative, humorvolle und emotional aufgeladene Kampagnen, die nicht nur informieren, sondern echtes Erleben auslösen. So schafft sie ein Einkaufserlebnis, das über reine Funktionalität hinausgeht – inklusive sympathischer Charaktere («Supergeil!», «Jeden Tag ein bisschen besser») und regionaler Emotionalität. Dadurch entsteht eine starke, emotionale Kundenbindung.

dm-Drogerie bietet Wohlfühlfaktor in der Kommunikation

In der Studie «Identitätsindex 2024» (Fehr Advice Group), ausgewertet von «Bild», heißt es: «In der Kommunikation setzt Edeka bereits seit einigen Jahren auf innovative, witzige und emotionalisierende Kommunikations- und Werbekampagnen.» Besonders bei jungen Menschen (16–35 Jahre) zeigt sich eine hohe Identifikation mit der Marke (70.7%). Ebenso verhält es sich bei der Drogeriekette dm. Sie schafft laut «Identitätsindex» durch ihr gesamtes Markenbild – vom Sortiment über Beratung bis zur Kommunikation – ein Erlebnis: «Wocheneinkauf mit Wohlfühlfaktor». Besonders bei jungen Zielgruppen löst die Marke starke emotionale Bindung aus. Der «Identitätsindex 2024» nennt dm als Marke mit höchster Identifikation (71.6%), bei 16–35-Jährigen sogar 80.6%. Als letztes Beispiel sei Haribo genannt. Der Slogan «macht Kinder froh und Erwachsene ebenso» funktioniert auch auf internationalen Märkten.

Die Identifizierung mit einer Marke darf deshalb nicht im direkten Kundenkontakt, vor allem im Servicecenter, aufhören. Hier stoßen KI-Lösungen noch an ihre Grenzen, weil sie den Spaßfaktor nicht verstehen. Sie bieten wahrscheinliche Antworten, die in der Regel rational begründet sind. Auch der Einsatz von Multi-Agenten ist noch keine Garantie für eine unterhaltsame Kommunikation. Es braucht diesen Spaßfaktor in direkten Gesprächen. Da haben selbst große Marken wie Haribo oder dm noch Arbeit vor sich. Die Gummibärchenfirma bietet zwar eine witzige «Suchnaschine» an, beim Menü «Kontakt» gibt es aber nur eine E-Mail-Adresse, ein Formular oder eine Telefonnummer.

Die Drogeriekette dm hat einen KI-Bot in einer Betaversion, der Anfragen zwar mit Emojis beantwortet, aber bereits nach der zweiten Frage nach einer Hautcreme mit Kokosduft bittet, doch im Laden nachzuschauen oder im Online-Shop. Im Newsletter des Unternehmens zeigt sich hingegen, dass man in der Kommunikation auf dem richtigen Weg ist. «Ganz viel Freude» wünscht das Team mit dem Newsletter, es duzt die Kunden nicht nur sondern spricht sie immer wieder direkt an.

Langweilige, nüchterne oder gar negative Antworten von Chatbots können einem mühsam aufgebauten Markenimage schaden und letztlich Kunden anfälliger dafür machen, eine Marke oder ein Unternehmen nicht mehr zu empfehlen oder zu nutzen. «Hedonistic value» sollte ernster genommen und in einer KI-Strategie verankert werden. Bei der Einrichtung von KI-Agenten sollte darauf geachtet werden, dass sie auch den Ton des Unternehmens verstehen. Umso wichtiger ist es, eigene Lösungen zu entwickeln und nicht auf Standard-Modelle zuzugreifen.

Thomas Wanhoff

Thomas Wanhoff

Thomas Wanhoff, Jahrgang 1966, ist ein deutscher Journalist und Autor. Er arbeitete bei Zeitungen wie der “Frankfurter Neuen Presse”, war Produktentwickler bei der “Welt” und schreibt für die Nachrichtenplattform t-online. Außerdem betätigt er sich als freier Autor, mit Schwerpunkten auf CRM und Personalentwicklung. Wanhoff lebt seit 2007 in Südostasien.

Mehr zu Customer Engagement

Diskussion

Das könnte Sie auch interessieren