Die Zukunft im KI-Service – vom Kunden aus gedacht

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Die Zukunft im KI-Service – vom Kunden aus gedacht

KI-Apps wie ChatGPT und Gemini verändern das Internetnutzungsverhalten. Die Generation Z nutzt kaum noch E-Mails, und das Internet wird zunehmend zum Datenlieferant für KI-Agenten. Unternehmen stehen vor Herausforderungen, da sie weniger Kontrolle über ihre Sichtbarkeit in KI-generierten Antworten haben. Die «Connected Intelligence» soll Daten, KI und Menschen verbinden. Die Zukunft könnte KI-Agenten in Telefonen sehen, die Aufgaben wie Anrufe übernehmen. Webseiten müssen für Chatbots optimiert werden.

KI-Apps wie ChatGPT und Gemini sowie die in Browsern integrierten KI-Vorschläge zu Suchanfragen verändern zunehmend das Nutzungsverhalten der Internetnutzer. Die Generation Z nutzt schon heute kaum noch E-Mails. Bald wird das auf Webseiten basierende Internet nur noch ein Datenlieferant für KI-Agenten sein. Seit Ende Oktober hat OpenAI einen Browser im Angebot, in dem ChatGPT bereits integriert ist. Man könnte aber auch sagen: ChatGPT ist jetzt ein Browser – oder eine Oberfläche für den Endnutzer, um alle anderen zu vereinen.

Viele Nutzer bemühen die Chatbots, um nach etwas zu suchen. Das ist bereits eine Herausforderung für Unternehmen, weil sie noch weniger als bei Suchmaschinen steuern können, ob und wo sie bei einer Chat-Antwort erscheinen. Die Maschinen tun das, was sie seit Beginn des Google-Algorithmus tun: dem Nutzer die bestmögliche Antwort geben.

Doch trotz Agenten und immer «intelligenter» werdender CRM-Systeme wird oft vergessen, wie die Kundenreise beginnt – mit einem Problem oder einer Suche nach Informationen.

«Connected Intelligence» soll Erfahrungen verbinden

WebEx und Cisco haben unlängst den Begriff der «Connected Intelligence» geprägt: Man will Daten, KI und Menschen ohne Reibungsverluste zusammenführen und ein intelligentes System schaffen. Sogar von KI-Rezeptionisten ist die Rede, die mit ihren Agenten fast jede Kundenanfrage lösen können.

Doch auch wenn die Entwicklung bei Anbietern wie WebEx, Salesforce, Genesys oder ServiceNow rasant fortschreitet und die eigenen Systeme immer komplexer werden, wird ein Bruch oft übersehen: Wie der Kunde überhaupt zum Unternehmen gelangt.

Bislang haben manche Kunden vielleicht noch eine Telefonnummer eines Unternehmens gespeichert. Andere suchen nach der Webseite und klicken sich dann – hoffentlich schnell – zum Kundendienst durch. Dort öffnet sich der Chatbot oder ein KI-Agent geht ans Telefon.

Werden Agenten unsere Telefone steuern?

Doch wie lange suchen wir noch? Werden bald KI-Agenten in unseren Telefonen und Computern diese Arbeit übernehmen? Wer heute bei ChatGPT nach einem Autohändler in der Nähe sucht, bekommt bereits sehr genaue Angaben. Was die App aber noch nicht kann, ist den Händler anzurufen, ihm eine Nachricht zu schicken oder auf andere Weise mit ihm zu kommunizieren. «Ich kann leider keine Anrufe tätigen oder entgegennehmen», entschuldigt sich ChatGPT, und auch Gemini antwortet, es könne keine Anrufe machen. Die Google-App verlinkt zumindest im Test die Telefonnummer des Autohauses.

«Das Internet erlebt derzeit seine tiefgreifendste Veränderung seit der Erfindung des Webbrowsers. Während weiterhin Millionen von Dollar in die Neugestaltung von Startseiten fließen, macht ein grundlegender Wandel im Nutzerverhalten diese Bemühungen zunehmend überflüssig. Die Zahlen sprechen eine klare Sprache: Wir sind in das Zeitalter der Frage eingetreten – nicht des Klicks», schreibt Danika Wong für das Online-Magazin Fortune in einem Gastbeitrag. Sie ist Marketingchefin von Satisfi Labs, einer Firma, die KI-Dienstleistungen anbietet. Sie nennt beeindruckende Zahlen: Bereits 2024 seien 60 Prozent aller Google-Suchen ohne Klick beendet worden – zwei Jahre zuvor waren es noch 26 Prozent. ChatGPT erreichte im August bereits 700 Millionen Nutzer. 25 Prozent von ihnen sind über 45 Jahre alt – das widerlegt die Annahme, dass LLMs nur etwas für die Gen Z sind.

Viele Kunden von Wong kommen aus dem Sportbereich, und die meisten Anfragen an den KI-Kundenservice drehen sich um Eintrittskarten für Sportevents. Das zeige, so Wong, dass die Webseiten der Veranstalter nicht ausreichend informieren – oder die Kunden zu lange warten lassen. «Es zeigt, dass Kunden direkte Antworten haben wollen.»

Das Ende des Klicks

«Diese neue, dialogorientierte Nutzererfahrung dreht sich nun um eine auffällige Chat-Oberfläche, die den größten Teil des Bildschirms einnimmt – stets präsent und aktiv darin, die Nutzer zum Fragen, Entdecken und Mitmachen anzuregen. Visuelle Elemente spielen weiterhin eine Rolle, doch sie unterstützen das Gespräch, anstatt mit ihm zu konkurrieren», sagt sie voraus.

Wer den Dialog mit Kunden aufrechterhalten will, wird nicht nur seine Webseite neu gestalten müssen, sondern sie auch für Chatbots optimieren. Die Generative Engine Optimization (GEO) wird immer wichtiger. Eine Studie sieht bereits 63 Prozent der Anfragen an Webseiten von Chatbots kommen. ChatGPT und Gemini zeigen in vielen Fällen bereits Webseiten als Quellen an. Wer seine Seiten optimiert hat, kann die Chance haben, hier aufzutauchen. Die Zahl dieser Nennungen ist jedoch nicht mit den Suchtreffern bei Google vergleichbar. Je spezifischer eine Webseite heute Kundenfragen bereits beantwortet, desto größer dürfte die Chance sein, auch in der Chat-Suche zu erscheinen.

Das löst jedoch immer noch nicht das Problem, dass nach der Suche eine Aktion erfolgen muss. Experten sind sich uneinig, ob unsere Smartphones bald nur noch von einer KI gesteuert werden oder ob wir weiterhin Apps verwenden, über die eine KI-Ebene gelegt wird. Das könnte dann bedeuten, dass Nutzer ähnlich wie bei Siri – nur noch sagen: «Ich suche ein BYD-Autohaus in der Nähe. Kannst du eines finden und für mich anrufen?» Und das Telefon wird entweder selbst anrufen oder zumindest die Option dafür geben. Gleiches gilt auch für Probleme wie Defekte an bestellten Waren. Wer im Chatbot fragt: «Wie kann ich meinen Staubsauger der Marke X zurückschicken? Er funktioniert nicht», bekommt schon heute eine Textantwort, die in vielen Fällen ausreicht. Für Unternehmen bleibt zu hoffen, dass es in naher Zukunft auch die Option geben wird, sich direkt mit dem Kundendienst zu verbinden. Sonst dürfte es fraglich sein, ob Kunden überhaupt noch Zugang zu den firmeneigenen KI-Systemen bekommen.

Thomas Wanhoff

Thomas Wanhoff

Thomas Wanhoff, Jahrgang 1966, ist ein deutscher Journalist und Autor. Er arbeitete bei Zeitungen wie der “Frankfurter Neuen Presse”, war Produktentwickler bei der “Welt” und schreibt für die Nachrichtenplattform t-online. Außerdem betätigt er sich als freier Autor, mit Schwerpunkten auf CRM und Personalentwicklung. Wanhoff lebt seit 2007 in Südostasien.

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