Die diesjährige Konferenz markiert einen Wendepunkt in der KI-Entwicklung. Autonome Agenten, die bisher als Vision galten, werden nun Realität und verändern den Unternehmensalltag. Die Infrastruktur ist beeindruckend: 38 Regionen, 120 Availability Zones und ein Netzwerk aus über neun Millionen Kilometern Glasfaser. Neue Technologien wie P6e-GB300-Instanzen und Trainium 3-Ultra-Server bieten enorme Leistungssteigerungen. Ein Paradigmenwechsel hin zu Agenten, die wirtschaftlichen Nutzen entfalten, steht im Fokus. Neue Modelle und Services, wie Nova 2 und Nova Forge, ermöglichen massgeschneiderte KI-Lösungen. Die Kontrolle über autonome Systeme wird durch neue Funktionen in AgentCore gestärkt.
Meike Tarabori live von der AWS re:Invent 2025 in Las Vegas
Mit deutlichen Worten und zahlreichen Neuerungen hat AWS-CEO Matt Garman auf der diesjährigen re:Invent eine Zeitenwende ausgerufen: Künstliche Intelligenz tritt in eine Phase ein, in der autonome Agenten nicht länger eine technische Vision sind, sondern den Alltag von Unternehmen prägen werden. Vor mehr als 60.000 Besucherinnen und Besuchern in Las Vegas und rund zwei Millionen Online-Zuschauenden machte Garman klar, dass die Branche an einer Schwelle steht, vergleichbar mit der Einführung des Internets oder der Cloud selbst.
AWS für die Zukunft gewappnet
AWS ist dabei bestens aufgestellt. Das Unternehmen verzeichnet ein Geschäft von 132 Milliarden Dollar und wuchs innerhalb eines Jahres um beeindruckende 22 Milliarden Dollar. Die Dimensionen der globalen Infrastruktur sind ebenso bemerkenswert: 38 Regionen, 120 Availability Zones und ein privates Netzwerk aus über neun Millionen Kilometern terrestrischer und submariner Glasfaser bilden das Rückgrat jener KI-Systeme, die immer mehr Arbeitsprozesse durchdringen. S3 verarbeitet inzwischen rund 200 Millionen Requests pro Sekunde, während Bedrock mehr als 100.000 Unternehmen mit KI-Inferenz versorgt.
Im Zentrum der diesjährigen Keynote stand aber nicht das Wachstum, sondern ein Paradigmenwechsel: Die bisherigen KI-Assistenten, die auf einfache Konversationen und punktuelle Automatisierungen ausgelegt waren, weichen zunehmend den Agenten. Für Garman ist dieser Wandel fundamental: Erst durch Agenten beginne KI, echten wirtschaftlichen Nutzen in grossem Stil zu entfalten.
Damit Agenten zuverlässig funktionieren, müssen sie auf einer skalierbaren und sicheren Infrastruktur aufsetzen. Genau hier legt AWS nach. Die neuen P6e-GB300-Instanzen mit NVIDIAs jüngster GPU-Technologie sowie die Einführung der Trainium 3-Ultra-Server markieren den nächsten grossen Leistungssprung. Trainium 3 ist der erste 3-Nanometer-AI-Chip in der AWS-Cloud und bietet ein Mehrfaches an Rechenleistung, Speicherbandbreite und Energieeffizienz im Vergleich zur Vorgängergeneration, ideal für das Training grosser Modelle und anspruchsvolle Inferenz.
Ein Ausblick auf Trainium 4
Doch AWS denkt darüber hinaus: Mit einem ersten Ausblick auf Trainium 4, das noch höhere Werte bei Compute, Speicherbandbreite und Modellkapazität erreichen soll, unterstreicht das Unternehmen seinen Anspruch, technische Grenzen konsequent zu verschieben. Ergänzt wird dies durch ein neues Infrastrukturangebot: AWS AI Factories. Dabei handelt es sich um private, dedizierte KI-Zonen, die Kunden direkt in ihren eigenen Rechenzentren betreiben können, ausgestattet mit AWS-Hardware, Bedrock-Services und strengen Sicherheits- und Compliance-Mechanismen. Für Unternehmen mit hohen Anforderungen an Datensouveränität ist dies ein potenziell strategischer Schritt.
Auch im Bereich der Modelle präsentierte AWS eine breite Palette an Neuerungen. Neben neuen Open Weights Modellen wie Mistral Large und NVIDIA Nemotron stellte Garman die nächste Generation der hauseigenen Modellfamilie Amazon Nova vor. Nova 2 erscheint in drei Varianten – Lite, Pro und Sonic – und bietet eine Bandbreite von schneller, kosteneffizienter Inferenz bis zu komplexem Reasoning auf Frontier-Niveau. Mit Nova 2 Omni führte AWS zudem ein Modell ein, das Text, Bilder, Video und Audio gleichzeitig verstehen und verarbeiten kann, ein entscheidender Schritt für realitätsnahe multimodale Anwendungen.
Ein Meilenstein ist Amazon Nova Forge, ein neuer Service, mit dem Unternehmen eigene proprietäre Daten direkt in das Pre-Training von Nova-Modellen einbringen können. Dadurch entsteht ein massgeschneidertes Modell, eine sogenannte „Novella“, das sowohl tiefes Domänenwissen besitzt als auch die ursprünglichen Fähigkeiten des Frontier-Modells beibehält. Der zeitliche und technische Aufwand traditioneller Fine-Tuning-Methoden wird damit deutlich reduziert, während die Qualität steigt. Für Unternehmen, die Wert auf konkurrenzentscheidendes Wissen legen, könnte dies ein Durchbruch sein.
Kontrolle autonomer System
Eine entscheidende Rolle im neuen KI-Zeitalter spielt die Kontrolle über autonome Systeme. Genau hier erweitern zwei Neuerungen den Funktionsumfang von Bedrock AgentCore: Zum einen erlaubt die neue Policy Engine, in natürlicher Sprache formulierte Regeln in formal geprüfte Richtlinien zu übersetzen und jede Aktion eines Agenten in Echtzeit zu überprüfen. Zum anderen bietet AgentCore Evaluations ein automatisiertes Bewertungssystem für Agentenverhalten, von Korrektheit und Marken-Tonality bis hin zu Sicherheit und Zuverlässigkeit. Diese Funktionen sollen sicherstellen, dass Agenten nicht nur leistungsfähig, sondern auch vertrauenswürdig handeln.
Dass AWS diese Technologie nicht nur für Kunden, sondern auch für den eigenen Konzern nutzt, zeigt die Einführung von Amazon Quick, einem unternehmensweiten KI-Assistenten, der strukturierte und unstrukturierte Datenquellen verbindet, interne Rechercheprozesse automatisiert und persönliche Workflow-Agenten bereitstellt. Schon wenige Monate nach dem internen Start nutzen Hunderttausende Mitarbeitende Quick, um repetitive Aufgaben zu automatisieren und Entscheidungen schneller zu treffen.
Auch im Kundenservice setzt AWS auf Agenten: Amazon Connect, der KI-fähige Cloud-Contact-Center-Dienst, hat die Marke von einer Milliarde Dollar Jahresumsatz überschritten. Der Dienst kombiniert Self Service, Echtzeitempfehlungen und lernfähige Agenten, um Kundeninteraktionen zu automatisieren und zu personalisieren, ein weiterer Beleg dafür, wie tiefgreifend Agenten geschäftskritische Prozesse verändern können.
Schliesslich weitet AWS seine Modernisierungsplattform weiter aus. Mit Transform Custom können nun praktisch beliebige Code- oder Framework-Migrationen automatisiert werden. Damit sollen Unternehmen ihre technische Schuldenlast schneller abbauen und Legacy-Systeme effizienter modernisieren können.
Im Zusammenspiel all dieser Komponenten von leistungsstarker Hardware, multimodaler Modelle, agentenorientierter Entwicklungsplattformen über Werkzeuge für Sicherheit und Governance zeichnet Amazon ein ambitioniertes Bild der Zukunft: Eine Wirtschaft, in der Milliarden intelligenter Agenten alltägliche Prozesse autonom steuern, Unternehmen entlasten und Innovation beschleunigen.
Meike Tarabori
Im Januar 2019 übernahm Meike Tarabori die Position als Chefredakteurin des cmm360, das renommierte Schweizer Magazin für Customer Relations Stars und Service Champions. Als erfahrene Expertin für Marketing und Kommunikation mit Abschlüssen in Business, Marketing und deutscher Literatur hat sie wertvolle Erfahrungen unter anderem bei Unternehmen wie KUKA Robotics und zuletzt beim Cybathlon ETH Zürich gesammelt. Im Rahmen eines umfangreichen Rebranding-Projekts verlieh sie dem cmm360 seine aktuelle, moderne Ausrichtung. Seitdem hat sie nicht nur die Onlinepräsenz des Magazins erfolgreich etabliert, sondern kontinuierlich neue Formate wie die Podcasts «Nice To Meet You», «Meike's Raumzeit» und «ICT Talk» entwickelt. Darüber hinaus fungiert sie als Organisatorin des Schweizer Customer Relations Awards, eine Plattform, die innovative Projekte zur Gestaltung nachhaltiger Kundenbeziehungen und einzigartiger Kundeninteraktionen würdigt und auszeichnet.
