Struktur statt Text: Klinische Daten neu gedacht

DatenDigitalisierungKITechnologie

Struktur statt Text: Klinische Daten neu gedachtStruktur statt Text: Klinische Daten neu gedacht
Struktur statt Text: Klinische Daten neu gedacht

Die Digitalisierung der Medizin scheitert oft an unstrukturierten Daten. Notizen, Berichte und PDFs lassen sich kaum systemübergreifend nutzen – ein zentrales Hindernis für Automatisierung und KI. Corti hat eine Plattform entwickelt, die klinisch relevante Fakten direkt aus Sprache oder Text extrahiert und als strukturierte, maschinenlesbare Einheiten bereitstellt. Über APIs können diese in Echtzeit verarbeitet, analysiert und in elektronische Patientenakten integriert werden. So wird medizinische Information nicht nur lesbar, sondern intelligent nutzbar – der Weg zur echten Interoperabilität.

In modernen Gesundheitssystemen sind Daten für Versorgung, Analyse und Weiterentwicklung entscheidend. Doch viele klinische Informationen liegen in Formaten vor, die schwer zugänglich und kaum wiederverwendbar sind. Inhalte aus Notizen, Formularen oder PDFs lassen sich nur mit großem Aufwand digital verarbeiten. Das bremst Fortschritte bei Automatisierung, Analyse und medizinischer KI.

Viele aktuelle KI-Lösungen behandeln medizinische Dokumentation als Transkriptions- oder Zusammenfassungsaufgabe. Sie erzeugen lesbare Texte, die sich jedoch kaum für Weiterverarbeitung oder Analyse eignen. Ohne strukturierte Daten bleiben die Inhalte statisch, maschinell nicht nutzbar und systemübergreifend wertlos. Das Fachmagazin Nature bezeichnete unstrukturierte Gesundheitsdaten daher als eines der größten Hindernisse für skalierbare und sichere medizinische KI.

Um diesem Problem wirksam zu begegnen, stellt das europäische Technologieunternehmen Corti eine Plattform zur automatisierten Nutzung klinischer Informationen aus Sprache und Text bereit.

Unterschiedliche Systeme, fehlende Verbindung

Auch wenn klinische Daten digital erfasst werden, lassen sie sich oft nicht systemübergreifend nutzen. Die meisten Gesundheitseinrichtungen arbeiten mit stark fragmentierten IT-Strukturen. Informationen lassen sich nur begrenzt weitergeben, weil gemeinsame Formate oder Bedeutungen fehlen.

Für eine echte Interoperabilität sind vier Ebenen entscheidend:

  1. Technisch: Können Daten übertragen werden (z. B. über REST-APIs oder Dateitransfer)?
  2. Syntaktisch: Liegen sie im richtigen Format vor (z. B. FHIR, HL7v2)?
  3. Semantisch: Haben sie überall dieselbe Bedeutung (z. B. SNOMED CT, ICD-10)?
  4. Organisatorisch: Sind Arbeitsabläufe und Governance aufeinander abgestimmt?

Fehlt auch nur eine dieser Ebenen, bleibt Information fragmentiert. Das zwingt klinisches Personal und IT-Teams dazu, Schnittstellenlücken manuell zu schließen.

Strukturierte Fakten statt Fließtext

Corti, ein dänischer Anbieter für klinische KI-Lösungen, verfolgt einen anderen Ansatz. Statt fertige Texte zu produzieren, extrahiert das System klinisch relevante Fakten direkt aus Sprache oder Text. Diese werden als strukturierte, maschinenlesbare Entitäten modelliert.

Über eine API stehen sie in Echtzeit für weiterführende Prozesse zur Verfügung. So lassen sich EHR-Formulare befüllen, Entscheidungsunterstützung auslösen oder Dokumente automatisiert zusammenstellen. Die Daten sind vom Darstellungskontext getrennt, systemübergreifend wiederverwendbar und bleiben vollständig nachvollziehbar.

FactsR™ extrahiert klinisch relevante Informationen

Mit dem Werkzeug FactsR™ stellt Corti eine zentrale Komponente bereit, um relevante medizinische Informationen aus unstrukturierten Quellen zu extrahieren. Das System erkennt eigenständige klinische Entitäten, speichert sie kontextbezogen und macht sie über eine API wiederverwendbar.

Da die Fakten unabhängig voneinander modelliert sind, lassen sie sich gezielt abfragen und wiederverwenden. Entwickler können darauf aufbauend nachgelagerte Prozesse programmatisch umsetzen. Dazu gehören das Generieren klinischer Notizen, das Ausfüllen strukturierter EHR-Felder oder das Auslösen von Entscheidungsunterstützung. Die Informationen bleiben dabei jederzeit nachvollziehbar und im ursprünglichen Kontext verankert.

Agenten automatisieren komplexe Prozesse

Auf Basis dieser strukturierten Fakten hat Corti modulare Softwareagenten entwickelt. Sie fungieren als spezialisierte Dienste innerhalb klinischer Workflows, greifen auf dieselbe API und dieselben Fakten zu und reagieren in Echtzeit auf relevante Inhalte. Alle Agenten lassen sich domänenspezifisch erweitern und nahtlos in bestehende Systeme integrieren. Die Plattform befindet sich aktuell in kontrollierter Einführung und wird gemeinsam mit klinischen Partnern evaluiert.

Ein Kodierungsagent übernimmt die medizinische Verschlüsselung, ohne auf starre Klassifikationen angewiesen zu sein. Er nutzt externe Wissensdatenbanken und Suchmechanismen, um auch seltene und komplexe Fälle korrekt abzubilden. Das ermöglicht präzisere Kodierungen als mit klassischen KI-Modellen.

Ein Formularagent verarbeitet strukturierte Informationen in Kombination mit FHIR-kompatiblen Fragebögen. Er erstellt automatisch vollständige Antwortressourcen, inklusive Auswahlfeldern und kodierten Einträgen. So wird die strukturierte Datenerhebung automatisiert und der manuelle Aufwand reduziert.

Alle Aktionen innerhalb der Agentenprozesse bleiben nachvollziehbar, auditierbar und klinisch interpretierbar. FactsR™ ist dabei keine zwingende Voraussetzung, die Agenten können auch mit anderen Datenquellen arbeiten.

FHIR-Agent bringt strukturierte Daten direkt ins EHR

Der FHIR-Agent ist eine weitere Komponente im modularen System von Corti. Er verarbeitet die vom EHR-Server bereitgestellten Capability Statements, die maschinenlesbar dokumentieren, welche Funktionen unterstützt werden. Gemeinsam mit den strukturierten Fakten kann der Agent Daten so aufbereiten, dass sie dem erwarteten Format des jeweiligen EHR-Systems entsprechen.

Die Informationen werden entweder über definierte Endpunkte direkt in das System übermittelt oder zur Weiterverarbeitung bereitgestellt. Das Ausfüllen von Formularen ist dadurch nicht mehr notwendig. Manuelle Übertragungsprozesse entfallen, was Fehler reduziert und den administrativen Aufwand senkt.

Strukturierte Informationen als Grundlage für klinische Intelligenz

Wenn medizinische Daten strukturiert vorliegen, können sie gezielt weiterverarbeitet, geprüft und in Systeme integriert werden. Das verbessert die Datenqualität, reduziert manuelle Arbeit und schafft die Basis für automatisierte Prozesse. Für Versorgungseinrichtungen bedeutet das mehr Effizienz, bessere Entscheidungsgrundlagen und eine deutlich höhere Interoperabilität im Alltag. Corti stellt mit seiner Plattform die technische Grundlage bereit, um dokumentierte Informationen systemübergreifend nutzbar zu machen.

Mehr zu Daten

Diskussion

Das könnte Sie auch interessieren