Die Digitalisierung verändert Konsumverhalten und Kundenansprüche. Konsumenten erwarten schnelle, effiziente Self-Service-Optionen, doch wahre Zufriedenheit entsteht durch Wertschätzung und persönliche Interaktion. Trotz wachsender Vielfalt suchen Kunden echte Beziehungen. Unternehmen müssen Kundenservice neu denken, persönliche Beratung bieten und Mitarbeiter in Empathie und Kommunikation schulen. Servicequalität bedeutet nicht nur Effizienz, sondern auch Vertrauen und Respekt. Eine offene Unternehmenskultur stärkt Kundenbindung und Unternehmenserfolg. Unternehmen, die individuelle Lösungen bieten und Innovationen vorantreiben, sichern sich Wettbewerbsvorteile. In einer digitalen Welt zählt nicht nur Technik, sondern der menschliche Faktor.
Neue Technologien und die Digitalisierung verändern die Welt, unsere Gewohnheiten und natürlich auch die Ansprüche an den perfekten Kundenkontakt.
Mit Kopfhörern auf den Ohren und dem Mobiltelefon im Gesicht bewegen wir uns unterdessen in unserer individuellen «bubble» vernetzt und verbunden mit unterschiedlichsten Menschen oder Angeboten und Informationen, die wir jederzeit «on demand» konsumieren und geniessen können. Dass wir uns als Konsumenten innert kurzer Zeit an unterschiedlichste Self-Service-Angebote z. B. an der Kasse, beim Check-in, bei Online-Bestellungen, Reservationen und unzähligen Online-Angeboten gewöhnt haben, bestätigt unsere Wandelbarkeit und Freude daran, jederzeit schnell und einfach unsere Bedürfnisse selbstbestimmt erfüllen zu können. So weit so gut.
Was macht Kunden morgen glücklich?
Mathias Binswanger, Ökonom und Glücksforscher, skizzierte kürzlich in einem interessanten Interview (ZH Magazin #3/2023) das Dilemma, das wir in gesättigten Märkten längst nicht mehr als Konsumenten die Wirtschaft mit unseren Bedürfnissen vorantreiben. Sondern die Wirtschaft mit ihren Anforderungen für mehr Wachstum. Trotz Überangebot in der Multioptionsgesellschaft wächst der Konsum zwar nach wie vor stetig, weil die Vielfalt suggeriert, noch etwas anderes,
Attraktiveres zu finden. Doch wie lange wird eine künstlich kreierte, z. T. unüberschaubare Pseudovielfalt an Produkten Konsumenten noch glücklich und zufrieden machen können?
Ist es an der Zeit, Kundenservice strategisch umzudenken?
Sind wir bereits am Punkt angelangt, um auf «weniger ist mehr» umzustellen und dafür wieder echte Wertschätzung im Verkauf und Kundenservice ins Spiel zu bringen? Testen Sie selbst, wo Sie zufriedener wären?
(Vgl. auch mit Abbildung «Wo wären Sie zufriedener?»)
Wie beurteilen Konsumenten guten Service?
In diesem Experiment wurden Teilnehmende befragt, was sie zufriedener macht. Die Mehrzahl (nicht repräsentative Umfrage) war der Meinung, dass sie zufriedener sind, wenn sie sich von Mitarbeitenden beachtet, verstanden und ernst genommen fühlen, auch wenn das Angebot/Produkt nicht 100% ihr Bedürfnis erfüllt. Mit anderen Worten, diese Kunden wären weniger zufrieden, wenn das Angebot/Produkt zwar ihr Bedürfnis voll erfüllt, aber sie sich im Verkaufs-/Beratungsprozess nicht richtig verstanden/wertgeschätzt fühlen.
Menschen wollen gesehen und wertgeschätzt werden
Und dazu braucht es vor allem im Kundenkontakt einen wertschätzenden Servicemindset und geschultes Personal mit Kommunikationskompetenzen. Jüngste Kundenumfragen bestätigen, dass die Kundenzufriedenheit längst nicht mehr allein durch hohe Effizienz, Einfachheit und bestmögliche Preisleistungsangebote erbracht werden kann. Der Faktor «Wertschätzung» spielt beim Kauf- und Beratungserlebnis immer auch eine essenzielle Rolle. Daraus lässt sich schliessen, dass sich wertschätzendes Beziehungsmanagement auch in einer modernen, digitalen Welt auszahlt. Und genau dieser «echten» Kundenwertschätzung, die sich im Handeln und der Kommunikation zeigt, gilt es jetzt wieder besonders Sorge zu tragen.
Wo wären Sie zufriedener?
Was heisst das für das Management?
Es mag simpel tönen, doch eine der wohl wichtigsten Aufgaben des Managements ist es, im rasanten Wandel im Unternehmen für eine konstruktive Feedback- und Servicekultur zu sorgen. Eine Kultur, in der unabhängige Einzelpersonen ihre Meinung angstfrei einbringen können. Eine Arbeitskultur, in welcher der Umgang mit dem etwas «Anderen» normal ist und wo nicht dauernd darüber gesprochen wird, wer mal wieder eine nicht «konforme» Idee hatte oder was alles falsch gelaufen ist. Eine vorgelebte Kultur zu entwickeln, die Mitarbeitende zum respektvollen und aufmerksamen Umgang untereinander befähigt und auch sensibilisiert, Unerwartetes und zufällige Gelegenheiten zu erkennen, die das ganze Team weiterbringen, ist die wirkliche Herausforderung für Unternehmen auf Erfolgskurs.
Fazit
Unternehmen übernehmen heutzutage mit ihren Vorbildern und ihrer Kultur eine wichtige gesellschaftliche Rolle. Sie tragen die Verantwortung mit Vertrauen und gemeinsame Grundwerte zu pflegen und für gesunden Nährboden bei der Persönlichkeitsentwicklung ihrer Mitarbeitenden und der Teamentwicklung zu sorgen. Umso mehr gilt es auch, junge Führungskräfte in ihrer Aufgabe zu unterstützen und zu coachen.
Von dieser spürbaren Haltung der Servicekultur profitieren Mitarbeitende und Kunden gleichermassen. Denn mit diesem Spirit lassen sich auch hochgesteckte Unternehmensziele und unerwartete Herausforderungen im digitalen Zeitalter gemeinsam erfolgreicher erreichen und feiern. So gesehen kann Wertschätzung in Zukunft zum echten Erfolgsfaktor und Changemaker im Kundenservice werden.

Petra Rüegg
Petra Rüegg ist Gründerin und Geschäftsführerin von QPM Service Excellence. Sie hat sich auf Themen der Servicekultur und Service-Excellence in der digitalen Welt spezialisiert und bietet Analyse-Methoden und Trainings an, um die Profitabilität durch den laufenden Verbesserungsprozess des Service-Mindsets im Unternehmen zu steigern. Sie ist beratend und im Leadership-Coaching tätig sowie unter anderem Dozentin für Unternehmenskultur, Führung und Kommunikation an der ABB Technikerschule. www.qpm-ms.ch