Nachlassstundung 2023: Schweiz mit Rekordanstieg

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Eine aktuelle Studie zeigt, dass Nachlassstundungen in der Schweiz 2023 stark zugenommen haben. Dieses Verfahren hilft Unternehmen, Restrukturierungen umzusetzen und Arbeitsplätze zu sichern. Mit 94 Fällen wurde ein Rekordwert im Fünfjahresvergleich erreicht. 42 % der Verfahren führten zur Fortführung des Unternehmens, was die Widerstandsfähigkeit trotz wirtschaftlichem Druck unterstreicht. Das revidierte Gesellschaftsrecht stärkt die Pflichten von Verwaltungsräten und fördert die Nutzung. Für 2024 und 2025 wird ein weiterer Anstieg erwartet, da die Nachlassstundung als Alternative zum Konkurs zunehmend an Bedeutung gewinnt.

Das weltweit tätige Beratungsunternehmen Alvarez & Marsal (A&M) hat in einer heute veröffentlichten Studie festgestellt, dass die Nutzung von Nachlassstundungen in der Schweiz im Jahr 2023 deutlich zugenommen haben. Das Verfahren ist ein rechtliches Instrument, das Unternehmen in finanziellen Schwierigkeiten nutzen können, um finanzielle und operative Restrukturierungsmassnahmen umzusetzen, Schutz vor ihren Gläubigern zu erhalten und Zeit für die Restrukturierung und Sanierung zu gewinnen. Im Gegensatz zum Konkursverfahren ermöglicht es Unternehmen oder Teilbetriebe, Vermögenswerte und Arbeitsplätze zu erhalten.

In der Schweiz ist die Tendenz der Firmenkonkurse steigend. Im Jahr 2023 wurden insgesamt 4.493 Firmenkonkurse registriert, und auch im Jahr 2024 stieg die Zahl weiter an. Gemäss der Studie wurden 2023 94 Nachlassverfahren eröffnet. Rund 53% der Verfahren im Jahr 2023 waren nicht öffentlich, was die anhaltende Präferenz der Unternehmen für Vertraulichkeit widerspiegelt. Diese sogenannten «stillen» Verfahren machten seit 2019 durchschnittlich 65% aller Verfahren aus. Im Jahr 2023 erreicht die Zahl der Nachlassstundungen den höchsten Stand innerhalb des fünfjährigen Analysezeitraums, und im Gleichschritt mit der Entwicklung der Firmenkonkurse wird für 2024 ein weiterer Anstieg erwartet. Mit 2,1% im Jahr 2023 ist die Anwendung der Nachlassstundung in der Schweiz im internationalen Vergleich jedoch nach wie vor relativ gering, wo ähnliche Instrumente häufiger eingesetzt werden (USA: 33%; Österreich: 7%; Grossbritannien: 6%; Deutschland: 1,5% im Jahr 2022).

Darüber hinaus zeigt die Studie, dass sich die Ergebnisse der Unternehmenssanierungen verbessert haben: 42% der Verfahren im Jahr 2023 führten zur Fortführung des Unternehmens, was die Widerstandsfähigkeit der Unternehmen trotz des negativen wirtschaftlichen Drucks zeigt. Es wird erwartet, dass die Erfolgsquoten der Fälle aus dem Jahr 2023 im Laufe der Zeit weiter steigen werden.

Der Bericht unterstreicht auch die Auswirkungen des im Januar 2023 in Kraft getretenen revidierten Gesellschaftsrechts, das Verwaltungsräten vorschreibt, in finanziellen Notlagen konkrete Massnahmen zu ergreifen.

Alessandro Farsaci, Managing Director von Alvarez & Marsal Schweiz, kommentiert:

«Die Zahl der Fälle von Nachlassstundungen ist nach wie vor relativ gering, aber wir beobachten einen zunehmenden Trend dieses Instrument zu nutzen. Dies ist auf das wirtschaftliche Umfeld, die steigende Zahl von schweizerischen Unternehmen in Schieflage sowie auf die erfolgreich umgesetzten Restrukturierungsfälle zurückzuführen. Diese jüngst bekannt gewordenen Restrukturierungen zeigen, dass Nachlassstundungen wirkungsvoll genutzt werden kann und dass sich die Nachlassstundung als die bessere Alternative zum Konkurs erweisen kann. Für die Jahre 2024 und 2025 erwarten wir einen weiteren Anstieg der Fallzahlen.»

Da die Unternehmen weiterhin mit globalem wirtschaftlichem Gegenwind und geopolitischen Konflikten konfrontiert sind, wird erwartet, dass die Nachfrage nach Restrukturierungen auch im kommenden Jahr verhältnismässig hoch bleiben wird. Zu den Vorteilen der Nachlassstundung gehören beispielsweise die Aussetzung oder der Schutz vor Betreibungs- und Gerichtsverfahren, keine Pfändung von Vermögenswerten des Schuldners oder die Möglichkeit, langfristige Verträge zu kündigen, wenn diese einer erfolgreichen Umstrukturierung im Wege stehen.

Tobias Fritsche, Director bei Alvarez & Marsal Schweiz, sagt:

«Das am 1. Januar 2023 in Kraft getretene revidierte Aktienrecht hat die Pflichten des Verwaltungsrats in Unternehmenskrisen stärker in den Fokus gerückt. Auch wenn das Frühwarnsystem nicht entscheidend verbessert wurde, könnte die neue Regelung, wonach die Beantragung einer Nachlassstundung die gesetzlichen Pflichten des Verwaltungsrats erfüllt, zu einer Zunahme entsprechender Verfahren führen.»

Alvarez & Marsal

Alvarez & Marsal wurde 1983 gegründet und ist ein führendes, weltweit tätiges Dienstleistungsunternehmen. Alvarez & Marsal ist bekannt für seine Führungsqualitäten, sein Handeln und seine Ergebnisse. Das Unternehmen bietet Beratungs-, Leistungsverbesserungs- und Turnaround-Management-Dienstleistungen und liefert praktische Lösungen für die einzigartigen Herausforderungen seiner Kunden. Mit einem weltweiten Netzwerk erfahrener Mitarbeiter, erstklassiger Berater, ehemaliger Regulierungsbehörden und Industriebehörden unterstützt Alvarez & Marsal Unternehmen, Vorstände, Private-Equity-Firmen, Anwaltskanzleien und Regierungsbehörden dabei, die Transformation voranzutreiben, Risiken zu minimieren und in jeder Wachstumsphase Werte zu schaffen.

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