Was 007, M und Q mit KI-Agenten zu tun haben

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Was 007, M und Q mit KI-Agenten zu tun haben

KI-Agenten versprechen enorme Effizienzgewinne, doch die Realität zeigt ein anderes Bild: Viele Initiativen bleiben im Pilotstadium stecken. Der Text untersucht, warum fehlende Integration, unklare Rollen und ein wahlloser Einsatz zu den häufigsten Stolpersteinen zählen. Er beleuchtet die Bedeutung klar definierter Prozesse, Rollen und Rahmenbedingungen und erklärt, weshalb strukturierte Anwendungsfälle, überprüfbare Wirkung und ein tiefes Verständnis der eigenen Abläufe entscheidend sind, um KI-Agenten erfolgreich zu skalieren.

Der Vergleich bietet sich geradezu an: Wenn von Agenten die Rede ist, denkt man schnell an 007 und ähnliche Helden der Geheimdienste. Die KI-Agenten arbeiten zwar ebenfalls im Verborgenen, müssen sich aber nicht verstecken und haben vor allem keine Feinde zu bekämpfen. Dennoch gibt es Gemeinsamkeiten zu James Bond und Co.

Der britische Spion wäre nämlich nicht so erfolgreich, wenn er nicht Q und M hätte. Der eine, M, führt den Geheimdienst, wählt die Missionen aus und achtet darauf, dass die Bondschen Extratouren nicht überhandnehmen. Q hingegen ist das technische Genie hinter den Missionen. Er stellt dem Topspion die Werkzeuge zur Verfügung, die er zum Überleben braucht und mit denen er die Welt retten kann.

Wer KI-Agenten einsetzt, braucht ebenfalls einen M und einen Q. «Pilotprojekte mit KI-Agenten scheitern hauptsächlich daran, dass Agenten wie Add-ons oder eigenständige Tools behandelt werden – anstatt nativ in den bestehenden Arbeitsablauf integriert zu werden. Für eine erfolgreiche Skalierung müssen Agenten vollständig in die Systeme integriert werden, in denen die Arbeit stattfindet, und mit rollenbasiertem Zugriff auf den notwendigen Kontext aus allen Unternehmensdatensystemen ausgestattet sein», beschreibt Salesforce in einem Blogbeitrag Gründe, warum die Einbindung so oft scheitert. Um im Bild des MI-6-Helden zu bleiben: Einfach mehr Spione einzustellen und mit vorkonfigurierten Waffen auszustatten, ohne sie in die Organisation einzubinden, zu trainieren und ihnen konkrete Missionen zu geben, führt kaum zum Erfolg.

KI-Agenten sollen dort sein, wo die Kunden sind

Srinivas Tallapragada ist Präsident sowie Chief Engineering und Customer Officer bei Salesforce. Er arbeitet weiterhin direkt mit Kunden zusammen und kennt ihre Probleme. KI-Projekte erfolgreich zu skalieren, ist eines davon. Er rät, KI-Agenten dort einzusetzen, wo sie gebraucht werden. «Wenn dein Team in Salesforce arbeitet, müssen die Agenten dort sein. Wenn es in Slack arbeitet, sollten auch die Agenten in Slack vorhanden sein», sagt er.

Der Übergang zu agentenbasierter KI ist für ihn nicht nur technologischer Natur, sondern auch kulturell, operativ und organisatorisch. «Man kann nicht einfach einen Agenten entwickeln, ihn veröffentlichen und erwarten, dass er im großen Maßstab funktioniert. Genau hier liegen die operativen Hürden, an denen die meisten Unternehmen scheitern», so der Salesforce-Manager.

Anushree Verma ist Senior Director Analyst bei Gartner in der Gruppe für aufkommende Technologien und Trends. In einem Beitrag für das renommierte Harvard Business Review sieht sie die Herausforderungen ähnlich. Unternehmen springen einfach auf den KI-Zug auf und wundern sich, warum sie keinen schnellen Return on Investment erzielen oder andere signifikante Verbesserungen ausbleiben. «Die Hauptgründe sind steigende Kosten, ein unklarer geschäftlicher Nutzen und unzureichende Risikokontrollen. Mit zunehmendem Hype wächst auch das Risiko einer Fehlanwendung – was zu gescheiterten Projekten führt, die das Vertrauen in die Technologie und ihre Anbieter untergräbt», sagt Verma.

Kein wahlloser Einsatz

Sie rät – um noch ein letztes Mal die Welt der Geheimdienste zu bemühen – zu gezielten Operationen, deren Ergebnisse messbar sind. James Bond schaltet oft auch erst einmal kleinere Spione aus, bevor er gegen den Bösewicht im Film vorgehen kann. «Unternehmen müssen der Versuchung widerstehen, agentenbasierte KI wahllos einzusetzen», sagt sie. Stattdessen sollten sie sich auf Anwendungsfälle konzentrieren, in denen die einzigartigen Fähigkeiten agentenbasierter KI einen messbaren Mehrwert schaffen. Der Erfolg hänge von einer disziplinierten Auswahl der Anwendungsfälle, einer realistischen Einschätzung des technologischen Reifegrads und der Bereitschaft ab, alternative KI-Techniken zu nutzen, wenn diese besser geeignet sind, so die Analystin.

Eine Studie des MIT bestätigt, dass oft mit Kanonen auf Spatzen geschossen wird: «Trotz des Bestrebens, leistungsstarke neue Modelle zu integrieren, erzielen nur etwa 5% der KI-Pilotprojekte ein schnelles Umsatzwachstum; die überwiegende Mehrheit stagniert und hat kaum oder gar keine messbaren Auswirkungen auf die Gewinn- und Verlustrechnung. Die Studie – basierend auf 150 Interviews mit Führungskräften, einer Umfrage unter 350 Mitarbeitern und der Analyse von 300 öffentlich implementierten KI-Systemen – zeigt eine deutliche Kluft zwischen Erfolgsgeschichten und gescheiterten Projekten», beschreibt das Magazin «Fortune» die Lage.

Salesforce-Präsident: KI-Agenten müssen Geschäftsprozesse verstehen

Warum es so wichtig ist, dass man sich zunächst überlegt, wie Agenten in alle Geschäftsprozesse zu integrieren sind, erläutert Srinivas Tallapragada: «Ein wirklich integrierter Agent versteht Ihren Geschäftsprozess: Wenn ein Kunde den Support kontaktiert, kennt er dessen Kaufhistorie, offene Fälle, Vertragsbedingungen und Eskalationswege.» Ein guter Geheimdienstagent braucht ein Dossier, muss sich mit der Geschichte seines Ziellandes und dessen Kultur auskennen. Er muss aber auch wissen, welche Ressourcen seine Organisation hat.

Er sagt, man müsse klar festlegen, was jeder Agent tun könne: auf welche Daten er zugreifen dürfe, welche Aktionen er ausführen könne und was eine menschliche Freigabe erfordere. Zudem brauche es Prüfpfade, die nachvollziehbar machten, was jeder Agent wann und aus welchem Grund getan habe. Darüber hinaus seien Testframeworks notwendig, um das Verhalten der Agenten vor dem Einsatz zu validieren, sowie Überwachungssysteme, um ihre Leistung nach dem Einsatz zu verfolgen.

Der Systemspezialist Michael Hanneke hat an eigenen Projekten erfahren, dass KI-Agenten in einer Testumgebung anders reagieren als im regulären Betrieb. «Ich habe erkannt, dass die Frage nicht ist, ob KI-Agenten in kontrollierten Umgebungen funktionieren können – das kann man häufig klar beobachten. Die eigentliche Frage sei vielmehr, ob sie in produktiven Systemen verlässlich geschäftlichen Nutzen liefern können und welche Fähigkeiten eine Organisation tatsächlich benötige, um damit erfolgreich zu sein», schreibt er in einem Beitrag auf «Medium».

Wer KI-Agenten erfolgreich einsetzen will, sollte sich früh genug mit der Skalierung beschäftigen, diese von Beginn an in alle Unternehmensprozesse einbinden und ihnen Zugang zu den Ressourcen geben, die sie benötigen. Ebenso wichtig ist ein klarer Business Case: Welche Vorteile werden erwartet, welche Kosten sollen gespart werden, welche Anfragen werden automatisiert und auf welcher Grundlage soll die Qualität im Kundenservice verbessert werden?

Thomas Wanhoff

Thomas Wanhoff

Thomas Wanhoff, Jahrgang 1966, ist ein deutscher Journalist und Autor. Er arbeitete bei Zeitungen wie der “Frankfurter Neuen Presse”, war Produktentwickler bei der “Welt” und schreibt für die Nachrichtenplattform t-online. Außerdem betätigt er sich als freier Autor, mit Schwerpunkten auf CRM und Personalentwicklung. Wanhoff lebt seit 2007 in Südostasien.

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