Die Annahme, Customer Experience (CX) werde durch KI und Automatisierung bis 2030 überflüssig, ist eine grobe Vereinfachung komplexer Kundenbeziehungen. Besonders im B2B-Bereich bleibt menschliche Interaktion entscheidend, um Vertrauen und langfristige Partnerschaften zu sichern. Technologien wie Echtzeitdaten und Algorithmen ergänzen, ersetzen aber nicht strategisches Denken und Empathie. CX entwickelt sich weiter, integriert technologische Fortschritte und bleibt essenzieller Bestandteil unternehmerischer Wertschöpfung. Automatisierung unterstützt, doch in Krisen und komplexen Entscheidungen zählt menschliche Expertise weiterhin entscheidend.
Beim Verfassen eines Textes ist es unerlässlich, Substanz zu liefern – nicht nur gewagte Aussagen oder spekulative Vorhersagen – um den Leser zu respektieren und seine Zeit wertzuschätzen. Durchdachte Inhalte stärken die Glaubwürdigkeit und fördern nachhaltiges Interesse.
Im Jahr 2024 wurde eine gewagte und kontroverse Behauptung aufgestellt: Customer Experience (CX) werde bis 2030 bedeutungslos. Solche Aussagen sollen häufig Diskussionen anregen, doch in diesem Fall wirkte die These übermäßig vereinfacht und verkennt die sich stetig wandelnde, transformative Rolle, die CX in der Geschäftswelt spielt. Als Gegenstimmen laut wurden, reagierte man mit einer bemerkenswerten Gesprächsverweigerung und interpretierte Kritik als persönliche Anfeindung. Diese Haltung erscheint losgelöst von der Idee eines konstruktiven Diskurses – insbesondere in den sozialen Medien, wo unterschiedliche Perspektiven als Chance zur Weiterentwicklung und nicht als Angriff gesehen werden sollten.
Die Vorstellung, Customer Experience (CX) werde obsolet, verkennt grundlegend ihre Rolle als Eckpfeiler unternehmerischer Wertschöpfung, -erhaltung und -steigerung. Die Behauptung, Fortschritte in den Bereichen Künstliche Intelligenz (KI) und Automatisierung würden menschlich gesteuerte CX-Strategien überflüssig machen, ignoriert die Komplexität von Kundenbeziehungen, kulturelle Feinheiten sowie die Grenzen technologischer Systeme bei der Erfüllung menschzentrierter Bedürfnisse – sowohl im B2B- als auch im B2C-Bereich.
Verfechter dieser These argumentieren, dass Echtzeitdaten, prädiktive Algorithmen und automatisierte Abläufe CX-Teams überflüssig machen würden, da Customer Experience ohnehin in jeden Prozess integriert werde. Zweifellos wird KI bestimmte Aspekte der CX verbessern, doch diese Sichtweise vereinfacht die vielschichtigen Erwartungen von Kundinnen und Kunden zu sehr und unterschätzt die permanente Anpassungsleistung, die erforderlich ist, um in globalen Märkten relevant zu bleiben.
Provokante Aussagen eignen sich zwar gut zur Aufmerksamkeitserzeugung, sollten jedoch stets auf fundierter Analyse beruhen – nicht auf pauschalen Verallgemeinerungen. Allzu oft dienen solche Behauptungen bloß als Mittel zum Zweck, Aufmerksamkeit zu generieren, ohne dabei echten Mehrwert zu bieten. CX ist keineswegs «tot» – sie wandelt sich wie alle Unternehmensbereiche, doch ihre Relevanz bleibt bestehen, solange Unternehmen auf menschlicher Interaktion und Beziehung basieren.
Eines jedoch kann ich durchaus nachvollziehen: Die Vorstellung, dass eines Tages – mit oder ohne KI – alles vollkommen automatisiert und ohne menschliches Zutun abläuft. Vielleicht in 100 Jahren.
B2B-Beziehungen basieren auf Vertrauen – nicht nur auf Transaktionen
Im B2B-Bereich geht es bei Customer Experience um weit mehr als nur um effiziente Serviceprozesse: Es geht darum, Vertrauen aufzubauen und langfristige Partnerschaften zu pflegen. KI-gestützte Tools können Abläufe zwar optimieren, doch das tiefgreifende Verständnis, das für den Aufbau nachhaltigen Vertrauens erforderlich ist, lässt sich nicht automatisieren.
Beispiel: SAP investiert stark in CX-Plattformen wie die SAP Customer Data Cloud. Der Erfolg dieser Technologien hängt jedoch maßgeblich von den menschlich geführten Account-Management-Teams ab, die technologische Lösungen auf die individuellen Geschäftsziele der Kunden abstimmen.
Komplexe Entscheidungsprozesse im B2B erfordern menschliche Expertise
B2B-Kundenreisen sind häufig durch mehrere Entscheidungsträger und komplexe Entscheidungsstrukturen geprägt. Zwar kann KI wertvolle Unterstützung durch Datenanalyse leisten, doch für das Management von Beziehungen und das Verständnis vielfältiger Kundenbedürfnisse ist menschliche Fachkompetenz unverzichtbar.
Beispiel: IBM kombiniert KI-gestützte Erkenntnisse aus Watson mit der Erfahrung globaler Beratungsteams, um maßgeschneiderte Lösungen zu entwickeln. Watson liefert die Datenbasis – doch die Umsetzung erfolgt durch Berater, die diese Informationen in den Kontext der spezifischen Kundenanforderungen einordnen und anwenden.
Nahtlose CX-Integration ist ein Ziel – kein Endzustand
Die Annahme, CX werde überflüssig, sobald sie vollständig in Geschäftsprozesse integriert sei, beruht auf der Illusion eines perfekt funktionierenden Unternehmens. In Wahrheit ist die Schaffung nahtloser Customer Experiences ein fortlaufender Prozess, der ständige Optimierung und Anpassung erfordert. Vielleicht in 100 Jahren.
Beispiel: Schneider Electric nutzt die EcoStruxure-Plattform, um Kunden in Echtzeit Einblicke in ihre Systeme zu ermöglichen. Obwohl die Plattform die Effizienz steigert, arbeiten Account-Teams eng mit den Kunden zusammen, um die Nutzung zu optimieren und individuelle Herausforderungen zu adressieren.
KI benötigt menschliche Kontrolle, um wirksam zu bleiben
Künstliche Intelligenz und prädiktive Algorithmen sind nur so gut wie die Fragen, die wir stellen, und die Daten und Richtlinien, die ihnen zugrunde liegen. Menschlich geführte CX-Teams sind essenziell, um sicherzustellen, dass KI-Lösungen im Einklang mit den Bedürfnissen der Kunden und ethischen Grundsätzen stehen.
Beispiel: Salesforce setzt in seiner Einstein Analytics-Plattform auf KI, unterhält aber gleichzeitig eine leistungsstarke Customer-Success-Organisation, die sicherstellt, dass Kunden maximalen Nutzen aus der Technologie ziehen.
Die Erwartungen von B2B-Kunden entwickeln sich kontinuierlich weiter
Die Erwartungen von Geschäftskunden verändern sich im Zuge von Marktdynamik, technologischem Fortschritt und wachsendem Wettbewerbsdruck. CX-Expertinnen und -Experten tragen entscheidend dazu bei, dass Unternehmen flexibel und reaktionsfähig bleiben. Vielleicht wird KI eines Tages in der Lage sein, eigenständig Kundenbedürfnisse zu analysieren und zu lösen – vorausgesetzt, es fehlt nicht an den richtigen Leitfragen.
Beispiel: Dell Technologies passt seine Servicemodelle kontinuierlich auf Basis des Feedbacks von Unternehmenskunden an, die ihre IT-Infrastruktur nutzen. Diese Anpassungen werden von den CX-Teams bei Dell geleitet, die Trends identifizieren und das Leistungsangebot gezielt auf Kundenbedürfnisse abstimmen.
B2B-Partnerschaften erfordern kulturelle und regionale Sensibilität
Globale B2B-Unternehmen agieren in vielfältigen kulturellen und regulatorischen Kontexten. KI kann zwar bei Compliance und Standardisierung unterstützen, doch menschliche Teams sind unverzichtbar, um kulturelle Feinheiten zu berücksichtigen und tragfähige Partnerschaften aufzubauen.
Beispiel: Siemens arbeitet mit regionalen Partnern zusammen, um maßgeschneiderte Lösungen für die industrielle Automatisierung umzusetzen. Lokale CX-Teams schließen dabei die Lücke zwischen globaler Technologie und lokalen Kundenbedürfnissen.
Echtzeitdaten verbessern die CX-Strategie – ersetzen sie aber nicht
Echtzeitdaten sind äußerst wertvoll zur Erkennung von Trends und potenziellen Problemen, doch sie ersetzen keine strategische Entscheidungsfindung. CX-Teams interpretieren diese Daten im Kontext übergeordneter Geschäftsziele.
Beispiel: Amazon Web Services (AWS) nutzt Echtzeit-Monitoring zur Sicherstellung der Systemleistung, verlässt sich aber auf Customer-Success-Manager, um strategische Kundenanliegen zu betreuen und langfristige Beziehungen aufzubauen.
In Krisensituationen bleibt der Mensch unverzichtbar
Gerade in kritischen Situationen mit hohem Druck ist menschliche Interaktion durch nichts zu ersetzen. Automatisierte Systeme können unterstützend wirken, doch Kunden erwarten bei komplexen Problemen eine empathische, menschlich geführte Lösung.
Beispiel: Während Serviceausfällen arbeiten die Support-Teams von Cisco eng mit Unternehmenskunden zusammen, um Probleme zu lösen – und demonstrieren so den Wert persönlicher Betreuung in Ausnahmesituationen.
CX als Disziplin schafft Wettbewerbsvorteile
Im B2B-Bereich ist CX ein entscheidendes Differenzierungsmerkmal, das Kundenbindung stärkt und messbare Geschäftsergebnisse erzielt. Unternehmen, die in CX investieren, sichern sich einen Wettbewerbsvorteil, den Automatisierung allein nicht liefern kann.
Beispiel: Oracle bietet mit seinen Customer Success Services gezielte Unterstützung, damit Unternehmenskunden konkrete Ergebnisse mit den Oracle Cloud-Lösungen erzielen. Diese menschlich geführte Initiative fördert die Kundenbindung und steigert das Umsatzwachstum.
Fazit: CX entwickelt sich weiter – sie stirbt nicht
Die Behauptung, Customer Experience werde bis 2030 obsolet, unterschätzt die Komplexität von Kundenbeziehungen und überschätzt zugleich die Fähigkeiten von KI. Technologie wird die CX zweifellos weiter verbessern – doch sie ersetzt nicht das strategische Denken, die Empathie und die Anpassungsfähigkeit, die diese Disziplin auszeichnen.
CX ist kein statisches Konzept. Es entwickelt sich ständig weiter – im Gleichschritt mit den Erwartungen der Kunden, den Veränderungen auf den Märkten und dem technischen Fortschritt. Unternehmen, die diesen Wandel aktiv gestalten, KI und Automatisierung sinnvoll integrieren und gleichzeitig auf menschenzentrierte Strategien setzen, werden auch künftig erfolgreich sein. CX ist weit davon entfernt, irrelevant zu werden – sie bleibt ein zentrales Element unternehmerischen Erfolgs, insbesondere im B2B-Sektor, wo Vertrauen, Zusammenarbeit und Innovationskraft entscheidend sind.
Vielleicht greifen manche zu plakativen, aber unbegründeten Aussagen, um auf Plattformen wie LinkedIn Aufmerksamkeit zu erzeugen. Die wahren Beweggründe werden wir wohl nie ganz erfahren – doch eines ist sicher: CX verschwindet nicht, sie transformiert sich. Und das tut sie – wie immer – durch kontinuierliche Weiterentwicklung.

Ricardo Saltz Gulko
Ricardo Saltz Gulko ist Geschäftsführer von Eglobalis, Mitbegründer und Visionär der European Customer Experience Organization. Er ist ein globaler Stratege, Vordenker und Praktiker im Bereich Kundenerfahrung, der für Samsung und seine Kunden wahrnehmbare Design-Analysen mit Schwerpunkt auf Kundenakzeptanz, -erfahrung und -wachstum erstellt.