Ein neuer KI-Bildgenerator ermöglicht die einfache Erstellung täuschend echter Bilder im Stil berühmter Anime-Studios wie Ghibli. Während Nutzer die kreative Freiheit feiern, wächst weltweit die Kritik – insbesondere wegen möglicher Urheberrechtsverstösse und ethischer Bedenken. Künstler und Juristen warnen vor der Nutzung geschützter Werke im KI-Training. Die Debatte dreht sich nicht nur um rechtliche Fragen, sondern auch um den Wert menschlicher Kreativität in Zeiten künstlicher Bilderflut.
Wenn ein Jeder Ghibli-Animes kreieren kann…
«Das ist nicht im Sinne des Erfinders», überschrieb «Zeit online» jüngst einen Beitrag über den neuen Hype um KI-generierte Bilder im Stil japanischer Anime-Zeichentrickfiguren. Möglich macht diese animierten Zeichnungen ein neuer Bildgenerator des ChatGPT-Entwicklers OpenAI. Die Anwendung, die als die zurzeit fortschrittlichste ihrer Art gilt, erlaubt unter anderem, Bilder im Stil des zum Kult erhobenen japanischen Zeichenstudios Ghibli herzustellen. Nicht nur dessen berühmter Chefzeichner Hayao Miyazaki lehnt die KI-Technologie rigoros ab. Er sprach schon vor Jahren, als KI-basierte Animationen noch in den Kinderschuhen steckten, gar von einer «Beleidigung des Lebens an sich».
Auch darüber hinaus wogt derzeit weltweit eine wuchtige Debatte über die Nutzung des KI-Bildgenerators hin und her. Dabei geht es nicht allein um die Missachtung von Urheberrechten. Vielmehr stehen einmal mehr die Fragen, was grundsätzlich erlaubt und ethisch vertretbar sein soll, im Mittelpunkt der Diskussionen. Dazu trägt nicht zuletzt bei, dass die Produkte des neuen Bildgenerators für Propagandazwecke missbraucht werden, wie Kritiker bemängeln.
Generell ruft der neue Bildgenerator gleichermaßen Begeisterung wie Kritik hervor. Auf der einen Seite erfreuen sich viele Nutzer an den Möglichkeiten, die die neue Technologie bietet. Der seit Ende März verfügbare neue KI-Bildgenerator ist direkt in ChatGPT integriert und kann reale Personen darstellen, macht Schrift editierbar, kann Diagramme erstellen und Stile bestimmter Zeichentrickstudios oder Künstler täuschend echt imitieren, wie das Handelsblatt aufzählt. Damit kann die Anwendung vieles besser als Vorgänger Dall-E.
Ein einfacher Befehl genügt
Besonders hervorzuheben ist dabei, wie einfach es geht. Waren vorher für solche Umwandlungen umfangreiche Kenntnisse etwa in der Bildbearbeitungssoftware Photoshop erforderlich, benötigt ein Nutzer inzwischen nur noch einen Account bei einem KI-Dienst. Dann genügt ein einfacher Befehl, um in ChatGPT Bilder in Ghibli-Manier zu erzeugen. Und: Zu Anfang konnten sich nur zahlende Nutzer des Features bedienen, nun können auch Anwender mit einem kostenlosen Account darauf zugreifen, wie das Tech- und Gaming-Portal Giga hervorhebt.
Besonders beliebt bei Nutzern ist laut übereinstimmenden Medienberichten der Anime-Stil des japanischen Zeichentrick-Studios Ghibli, das mit Filmen wie «Das Schloss im Himmel» und «Prinzessin Mononoke» zu Weltruhm gelangte. Dessen Gründer und Chefzeichner Hayao Miyazaki hat sich öffentlich zu dem neuen Bildgenerator noch nicht geäußert, ebenso wenig wie das Unternehmen selbst. Bekannt ist allerdings Miyazakis allgemein ablehnende Position gegen Künstliche Intelligenz.
Was die Zeichner bei Ghibli denken, interessiere jedoch weder die meisten Nutzer noch ChatGPT, konstatiert die Frankfurter Allgemeine. Und so wurden die sozialen Netzwerke überflutet, unter anderem von einer Ghibli-Version der «Sopranos», über einen ausgewachsenen Trailer für den «Herrn der Ringe» aus Ghibli-Hand bis hin zum gezeichneten Attentat auf Präsident John F. Kennedy. Geschmacklosigkeiten seien keine Grenzen mehr gesetzt, bemängeln Kritiker.
Problem Urheberrecht
Als viel problematischer sehen Beobachter allerdings die damit verbundenen Urheberverstöße an. Und da gehen die Meinungen offenbar sehr auseinander. Grundsätzlich gelte, dass der Stil «im Allgemeinen nicht Schutzgegenstand des Urheberrechts» ist, zitiert das Handelsblatt die Urheberrechtsexpertin Jessica Sänger vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels. Das soll demnach bedeuten: «Menschen, die eigene Werke schaffen, dürfen andere nachahmen», erklärt Sänger.
Ähnlich sehe das ihre Kollegin, die Urheber- und Medienrechtsexpertin Dr. Ursula Feindor-Schmidt von der Rechtsanwaltskanzlei Lausen, berichtet das Handelsblatt. Sie wirft jedoch die Frage auf: «Wie kommt es überhaupt dazu, dass ein bestimmter Stil mit der KI generiert werden kann?». Hier müsse davon ausgegangen werden, dass die KI mit vielen Originalwerken von Studio Ghibli und anderen Urhebern trainiert worden sei, fährt die Juristin fort. Und ob das eine Verletzung des Urheberrechts darstelle, werde gerade erst «in verschiedenen Gerichtsverfahren geklärt.»
Der zunehmende Einzug von KI in die Welt der Kunst rufe sowohl Faszination als auch Kontroversen hervor, stellt der Rechtsdienstleister LBK&P Law Firm fest. Mit der steigenden Beliebtheit von KI in der Kunst würden ernsthafte rechtliche Fragen aufgeworfen. Eines der drängendsten Probleme sei die Frage des Urheberrechts. Denn generative Modelle werden mit öffentlich zugänglichen Daten trainiert, doch ein Großteil dieses Materials – seien es Grafiken, Illustrationen, Fotos oder Filmausschnitte – ist rechtlich geschützt, so die Rechtsberater. Dabei handele es sich oft um Bilder, die von Websites wie Pinterest und DeviantArt, Kunstblogs und Kreativforen heruntergeladen wurden, sowie um Film- und Fernsehstills – darunter auch Studio-Ghibli-Produktionen –, die von ihren Schöpfern nie offiziell veröffentlicht wurden. Auch Illustrationen aus Büchern, Comics und Computerspielen würden für die Modellschulung verwendet, zählt die Kanzlei weiter auf. Dies rufe sowohl bei Künstlern als auch bei Anwälten große Bedenken hervor.
Arbeit anderer ohne Erlaubnis verwenden?
Die Anwälte bringen das grundsätzliche Problem, das auch die Diskussionen um den neuen ChatGPT-Bildgenerator befeuert, auf den Punkt: Ist es legal, die Arbeit anderer ohne Erlaubnis zu verwenden? Viele Urheber seien sich gar nicht bewusst, dass ihre Arbeit möglicherweise ohne Erlaubnis und Vergütung verwendet werde, um Tools zu erstellen, die dann auf dem Markt mit ihrer Arbeit konkurrieren. Die Frage der Lizenzierung von Daten für das KI-Training sei nach wie vor eines der am meisten diskutierten Themen in der Branche, resümieren die Juristen.
Kunstsinnige wiederum geißeln die KI-generierten Figuren als «seelenlos». Losgelöst davon haben Millionen Nutzer weltweit weiter Spaß daran, wie auch an anderen Produkten von Bildbearbeitungsanwendungen – bis es irgendwann eine legale Lösung der damit einhergehenden Urheberrechtsprobleme gibt.
ASAI
Die Academic Society for Artificial Intelligence – Studiengesellschaft für Künstliche Intelligenz e.V. ist ein eingetragener Verein mit Sitz in Hamburg (Fischertwiete 2, 20095 Hamburg). Sie widmet sich der Förderung und dem Austausch im Bereich Künstliche Intelligenz und ist im Vereinsregister unter VR24771 geführt.