Vertrieb ohne Haltung funktioniert nicht mehr. Punkt.

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Vertrieb ohne Haltung funktioniert nicht mehr. Punkt. | Matthias Bullmahn, TÜV-zertifizierter Experte für Verkaufspsychologie | Bildrechte: Elisabeth BovesVertrieb ohne Haltung funktioniert nicht mehr. Punkt. | Matthias Bullmahn, TÜV-zertifizierter Experte für Verkaufspsychologie | Bildrechte: Elisabeth Boves
Vertrieb ohne Haltung funktioniert nicht mehr. Punkt. | Matthias Bullmahn, TÜV-zertifizierter Experte für Verkaufspsychologie | Bildrechte: Elisabeth Boves

Viele Unternehmen kämpfen um Kundenbindung – und übersehen dabei den entscheidenden Schritt: die bewusste Auswahl der richtigen Kunden. Wer jedem gefallen will, landet oft bei unpassenden Kundentypen, die Preise drücken, Prozesse blockieren und kaum Loyalität zeigen. Das demotiviert Vertriebsteams, schwächt Marken und führt in endlose Rabattschlachten. Der wahre Schlüssel zu nachhaltigem Wachstum liegt im Mut zur Selektion: klare Wunschkundenprofile, konsequente Gesprächsführung und eine Haltung, die Werte statt Kompromisse in den Mittelpunkt stellt.

Viele Unternehmen investieren Unsummen in die Kundenbindung, aber ignorieren das Entscheidende: den Auswahlprozess davor. Wer zu viele Kompromisse eingeht, landet bei Kundentypen, die Prozesse blockieren, Preise drücken oder nie loyal sein werden. Die Folge: Demotivation im Vertrieb, unnötige Rabattschlachten, strategische Beliebigkeit. Es ist eine Fehlannahme zu glauben, jedem zu gefallen, um erfolgreich zu sein. Im Gegenteil, der Mut zur Selektion ist das wahre Fundament für nachhaltiges Wachstum.

Das Paradox der Beliebigkeit im Vertrieb

Im B2B-Umfeld, insbesondere in der IT- und Dienstleistungsbranche, herrscht oft die Mentalität, dass jeder Kunde ein guter Kunde ist. Die Vertriebsleitungen fordern maximale Abschlüsse, die Teams sind auf reine Umsatzgenerierung getrimmt. Diese Logik klingt auf den ersten Blick überzeugend. Doch sie führt geradewegs in eine strategische Falle.

Wenn wir aus Angst, einen Abschluss zu verlieren, zu viele Kompromisse eingehen, ziehen wir automatisch Kunden an, die unsere Haltung und unsere Wertvorstellungen nicht teilen. Das sind die Kunden, die von Beginn an versuchen, Preise zu drücken, die unsere Expertise infrage stellen oder die schlichtweg nicht bereit sind, in eine echte Partnerschaft zu investieren. Sie sehen uns nur als austauschbaren Lieferanten.

Die Konsequenzen sind fatal. Zum einen frustriert es die Vertriebsmitarbeiter ungemein. Wenn sie ihre Energie und Leidenschaft in Kunden investieren, die sich als unkooperativ erweisen, ständig neue Rabatte fordern und Prozesse unnötig in die Länge ziehen, dann leert das die Tanks. Aus einem Verkäufer, der sich als strategischer Berater versteht, wird ein Bittsteller. Die innere Kündigung ist dann oft nur eine Frage der Zeit.

Zum anderen schadet es der Marke. Wer seine Preise ständig anpassen muss, verliert an Glaubwürdigkeit und Wertigkeit. Die Marke wird zu einem beliebigen Anbieter im Haifischbecken der Rabattschlachten. Die wertvolle Zeit, die in die Betreuung solcher Kunden fließt, fehlt an anderer Stelle. Sie könnte in die Pflege loyaler Kunden oder die Akquise passender Neukunden investiert werden.

Die Psychologie der Anziehung: Ähnlichkeit schafft Bindung

Der Schlüssel zur Lösung liegt in der Verkaufspsychologie. Wir müssen uns von der Idee verabschieden, dass wir uns anpassen müssen, um zu verkaufen. Vielmehr sollten wir uns fragen: Welche Kunden passen zu uns? Und wie positionieren wir uns so, dass wir sie anziehen?

Menschen, und damit auch Unternehmen, fühlen sich von jenen angezogen, die ihnen ähnlich sind. Ein Unternehmen, das Wert auf Innovation, Effizienz und langfristige Partnerschaften legt, wird am besten mit Kunden zusammenarbeiten, die dieselben Werte teilen. Diese Kunden werden Ihre Expertise schätzen, Ihre Preise respektieren und Sie als strategischen Partner sehen, nicht als reinen Lieferanten.

Die mutige Entscheidung, Nein zu sagen, ist daher keine Arroganz, sondern eine strategische Notwendigkeit. Es ist eine Haltung, die signalisiert: «Wir kennen unseren Wert und suchen Partner, die diesen Wert ebenfalls erkennen.» Diese Haltung stärkt die eigene Position am Markt und schafft eine psychologische Anziehung auf die richtigen Kundentypen.

Die richtigen Kunden finden: Klarheit, Haltung und Mut

Um diese Transformation erfolgreich zu gestalten, braucht es drei zentrale Elemente:

  1. Klarheit in der Markenführung: Wer ist Ihr Wunschkunde? Was sind dessen Werte, was seine größten Herausforderungen? Ein klares Idealkundenprofil ist das A und O. Es geht nicht nur um Branchenzugehörigkeit oder Unternehmensgröße, sondern um die Psychografie. Sind Ihre Wunschkunden Early Adopter, die mutig neue Technologien ausprobieren, oder eher konservative Anwender, die Sicherheit über alles stellen? Je klarer Sie dies definieren, desto einfacher wird die Auswahl. Ihre Markenkommunikation sollte exakt auf diesen Wunschkunden ausgerichtet sein. Sie müssen sich als Spezialist präsentieren, nicht als Generalist.
  2. Mutige Gesprächsführung: Der Auswahlprozess findet nicht erst nach dem Auftrag statt, sondern beginnt mit dem ersten Gespräch. Die besten Vertriebsmitarbeiter fungieren als qualifizierte Berater, die ihren potenziellen Kunden nicht nur zuhören, sondern auch kritische Fragen stellen. Sie qualifizieren den Kunden, noch bevor sie ihr Angebot präsentieren.
    • Fragen Sie gezielt nach den Gründen für die Suche nach einem neuen Partner, nach den Erfahrungen mit vorherigen Anbietern und nach den internen Entscheidungsprozessen. Fragen Sie nach der finanziellen Haltung und der Investitionsbereitschaft. Wer von Beginn an auf den Preis fixiert ist, wird auch in Zukunft immer nur über den Preis verhandeln wollen. Haben Sie den Mut, das Gespräch zu beenden, wenn Sie feststellen, dass die Haltung des potenziellen Kunden nicht mit Ihrer eigenen übereinstimmt.
  3. Haltung in jeder Phase: Ihre Haltung muss sich in jeder Phase des Vertriebsprozesses widerspiegeln. Vom ersten Marketinginhalt bis zum finalen Vertragsentwurf. Wenn Sie in Ihrer Kommunikation Klarheit versprechen, dann müssen Sie diese Klarheit auch in Ihren Verkaufsgesprächen und in der späteren Zusammenarbeit liefern. Es ist ein Akt der Authentizität. Ihre Werte müssen nicht nur auf Ihrer Website stehen, sie müssen auch von Ihren Mitarbeitern gelebt werden. Nur so bauen Sie echtes Vertrauen auf.
    • Die Konsequenz dieser Strategie ist, dass Sie vielleicht weniger Aufträge abschließen, aber die, die Sie gewinnen, sind von höherer Qualität. Die Kunden sind loyaler, die Projekte laufen reibungsloser, die Marge ist gesünder und Ihr Vertriebsteam ist motivierter. Sie verkaufen nicht mehr an jeden, sondern nur noch an die, die zu Ihnen passen.

Qualität vor Quantität

In einer Welt, in der die Konkurrenz groß ist und die Angebote sich oft ähneln, ist die strategische Auswahl von Kunden kein Luxus, sondern eine Notwendigkeit. Echte Kundenbindung beginnt nicht mit einem teuren Loyalty Programm oder einem Rabatt, sondern mit der ersten Entscheidung, mit wem man überhaupt ins Geschäft kommt. Es ist die Verkaufspsychologie der Anziehung: Wer eine klare Haltung hat, die zu seinem Unternehmen und seiner Marke passt, zieht automatisch die richtigen Kunden an. Das befreit den Vertrieb, stärkt die Marke und schafft ein Fundament für nachhaltigen, stressfreien Erfolg.

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