Am 11. Januar 2022 stellte BSI die Erkenntnisse aus der neusten Studie vor. In der Studie "Datenquantiät und -qualität im DACH Banking" wurde der Frage nachgegangen, ob Daten das neue Öl sind. BSI führte diese gemeinsam mit dun & bradstreet, msg for Banking und finnova durch. Marco Bernasconi, Senior Project & Community Manager Banking bei BSI, begrüsste die Teilnehmer und übergab dann das Wort an Prof. Dr. Nils Hafner, Professor an der Hochschule Luzern am Institut für Finanzdienstleistungen Zug IFZ und Studienleiter, welcher die Ergebnisse erstmals präsentierte.
48 % der befragten Banken beantworteten diese Frage nach einer strategischen Verankerung von Datenmanagement in ihrer Bank mit einem Ja. Das heisst, die Geschäftsleitung hat definiert, welche Daten von Kunden als wichtig beurteilt, welche erhoben sprich gesammelt werden und wie mit diesen Daten umgegangen wird. Im Umkehrschluss sagt dies aber auch aus, dass fast die Hälfe aller befragten Banken sich noch nicht strategisch mit diesem Thema beschäftigen.
Diese Frage beantworteten 97 % aller Banken damit, dass aufgrund rechtlicher und regulatorischer Rahmenbedingungen Daten gesammelt werden. 69 % begründeten ihre Motivation mit der Planung von Marketingaktivitäten und 67 % gaben an, dass sie den Kunden besser kennenlernen wollen (CX Management).
Diese Frage machte deutlich, dass 48,8 % der Banken Daten mehrheitlich systematisch erheben, 28,2 % dagegen prozessgetrieben und 23,1 % sowohl als auch.
67 % der Kundendaten über die Zufriedenheit mit Beratung und Performance, sprich zur Qualitätssicherung, erheben Banken via Kundenbefragungen. Die Frage nach dem, was beim Kunden ankommt bzw. wie zufriedenstellend dies war, sind von grossem Interesse. Daten zum Zivilstand der Kunden liegen mit 54 % dahinter, gefolgt von Daten zur Risikotoleranz (51 %) und zum Risikoverhalten (49 %). Überraschenderweise liegt das Thema Haushalt mit 41 % deutlich unter den Erwartungen.
Wie zu erwarten war, werden die meisten Daten durch die Nutzung des E-Bankings erhoben, was mit 72 % klar ersichtlich wurde. 69 % durch die Anzahl Transaktionen pro Monat und 67 % durch die Nutzung respektive das Log-in auf der Mobile-App. Immerhin noch 46 % der Daten beruhen auf eingegangenen Kundenbeschwerden.
51 % der Datensammlung sind auf Lead-Generierung begründet, sprich auf der Frage, an wen eine Bank ihre Leistungen verkaufen kann. Damit stellt sich auch die Frage nach der Qualifizierung dieser Leads, was immerhin 26 % der befragten Banken als Grund angaben. Des Weiteren sind 46 % begründet auf Risikoprüfung, 56 % für die Weiterberarbeitung im Kundenmanagement und in der Betreuung und nicht überraschend 56 % im Vertrieb und Marketing.
23,1 % der Banken beantworten diese Frage mit Ja, die Mehrheit von 48, 7 % hingegen mit Nein. Spannend ist, dass immerhin 15, 4 % ausdrücken, dass zwar früher Daten zugekauft wurden, jetzt aber nicht mehr.
"Dies mag darin begründet liegen, dass heutzutage deutlich bessere Möglichkeiten von auswertbaren Touchpoints vorliegen, um Daten mit eigenen Informationen aus dem Nutzungsverhalten der Kunden anzureichern. Ausserdem ist der Daten-Gap heutzutage offensichtlicher, da die Frage nach dem, was ich mit den Daten, die eine Bank gesammelt hat, machen will und dem, welche Daten dafür noch fehlen,"
Prof. Dr. Nils Hafner in seiner Präsentation der Ergebnisse
69 % der gesammelten Daten liegen nach wie vor in einem Kernbankensystem. Immerhin 56 % der Daten werden bereits in einem CRM System gesammelt, was eine gewisse Bearbeitungs- und Prozessperspektive aufzeigt. Im Umkehrschluss sagt diese Angabe aber auch aus, dass Banken heutzutage noch weit entfernt sind von einer übergreifenden Datenarchitektur, denn Daten ausserhalb des Bankenkernsystems wären meist getrennt und fragmentiert abgebildet, was eine einheitliche und effiziente Verarbeitung dieser bremse. Demnach seien die Themen der Datenspeicherung und Datenverarbeitung noch ausbaufähig und liessen Raum nach oben.
Etwa 2/3 aller befragten Institute haben ein Team, welches sich mit dem Thema Datenerhaltung und Datenspeicherung beschäftigt. Dies bildet wiederum die Grundlage für die weitere Bearbeitung und Entwicklung eines Kunden. Durchschnittlich umfasst ein Team drei bis sechs Personen, bei grösseren Banken sieben bis zehn.
"An diesem Punkt zeigt sich sehr deutlich, dass die strategischen Vorhaben mit den entsprechenden Mitteln unterstützt und abgedeckt werden,"
so Prof. Dr. Nils Hafner.
Qualitätssicherung zeigt mit 77 % einen grossen Aufgabenbereich der Teams auf. Da Daten heutzutage häufig aus einer Omnichannel-Architektur gesammelt werden, müssen diese gezielt gesichert und validiert werden, um eine Datenqualität sicherzustellen. Zugleich stellt sich damit die Frage, was Datenqualität für Banken bedeutet? Folgende Aspekte, die Datenqualität ausmachen, wurden hier genannt:
"Wir befinden uns eindeutig noch in einer Jäger und Sammler-Mentalität. Heisst, bisher sammeln wir Daten, müssen die Frage nach der Relevanz aber erst noch klären. Diese Frage wird in meinen Augen Banken in Zukunft noch eingehender beschäftigen"
führt Prof. Dr. Nils Hafner zu diesen Attributen der Datenqualität aus.
Die Datenaktualität stellt Banken vor die grösste Herausforderung. Eine automatisierte Prüfung ist bisher noch wenig verbreitet. Vielmehr werden die Daten zu 23,3 % unregelmässig auf ihre Aktualität hin geprüft, 17,9 % weiss nicht einmal wie und gerade einmal 7,7 % der Banken aktualisieren ihre Daten in real-time und das automatisiert. Andere haben immerhin schone eine bewusste Kompetenz aufgebaut und erheben die Daten wöchentlich (10,3 %) oder monatlich (12,8 %).
Immerhin 10,3 % der Befragten beantworten diese Frage mit Ja, und das bei allen Kunden und 38,5 % mit Ja, aber nicht bei allen. Heisst, fast 60 % aller Banken im B2C-Umfeld haben das Thema Datenaktualität im Griff.
7,7 % beantworteten dies mit Ja, bei allen Kunden und 53,8 % mit Ja, aber nicht bei allen Kunden. Hier gibt es demnach noch Unschärfen bei knapp 40 % der Banken.
360°-Kundensicht ist laut der Ergebnisse mit 67 % das am meisten verbreitete Prinzip. Banken möchten folglich ein Verständnis aufbauen, was im Lebensalltag des Kunden passiert. Weitere Prinzipien und Methoden sind: Single Source of Truth mit 46 % und Konzept des Goldenen Record mit 18 %.
Die meisten Banken messen den Kundewert durch einen Kundendeckungsbeitragsrechnung (74 %), gefolgt von Scoring-Modellen (39 %) und einer ABC-Analyse (17 %). Diese Messungen des Kundenwertes sind allesamt vergangenheitsorientiert. Hingegen 13 % wagen schon einen Blick in die Zukunft basierend auf mehrdimensionalen Scoring-Modellen.
33,3 % der befragten Banken gaben an, dass bei allen Kunden, der Kundenwert gemessen werden kann. 25,6 % ja, aber nicht bei allen und 12,8 % antworten noch mit Nein, ist aber geplant.
35,9 % der befragten Banken nutzen bisher noch keine Marketing-Automation Tools. Lediglich 10,3 % nutzen automatisierte Aktionen zu Lebensereignissen der Kunden, wie bspw. den 18. Geburtstag des Kindes. Hier eröffnet sich demnach noch viel Sales-Potential für Banken aufgrund der Weiterentwicklung von bestehenden Kunden.
Da als Grundlage für Marketing-Automation aggregierte Daten nötig sind, geht dieser Schritt einher mit Qualitätsprüfung, Konsolidierung und Sicherung, sprich mit einem Mehraufwand seitens der Bank."Die Frage bleibt, was braucht der Kunden und was kann bzw. will er sich leisten? Nur, wenn eine Bank genau zum passenden Zeitpunkt mit dem entsprechenden Angebot zur Stelle ist, kann ein Kund langfristig weiterentwickelt werden",
schildert Prof. Dr. Nils Hafner die Vorteile und Gründe, in Marketing-Automation zu investieren.
Bild (von links nach rechts): René Konrad (Community Manager Banking bei BSI), Prof. Dr. Nils Hafner (Hochschule Luzern), Charlotte Malz (Communications Manager bei BSI), Dr. Stefan Naumann (Head of Capital Markets and Asset Management bei msgGillardon) und Johannes Willkomm (Vorstand von msg GillardonBSM).
In einer anschliessenden Diskussionsrunde sprachen die anwesenden Teilnehmer über die Erkenntnisse aus der Studie, welche in aller Augen sehr gut das widerspiegelten, was die Teilnehmer in Kundengesprächen wahrnähmen. "Know your customer und das Thema Regulatoren bremsen sich allerdings aus.", resümierte Johannes Willkomm, Vorstrand bei msg GillardonBSM, für sich. Dem hielt Prof. Dr. Nils Hafner entgegen, denn "Regulatorik und Compliance sind keine Themen, die für den Kunden Mehrwert schaffen. Dies muss vielmehr automatisiert laufen, um Zeit zu schaffen, den Kunden zu bedienen."
Doch wo liegen die Chancen für Banken? Wie kann diese durch Automatisierung gewonnene Zeit effektiv genutzt werden? "Eine zielgerichtete Kundenansprache sei der grösste Mehrwert", so Johannes Willkom. "Wenn eine Bank weiss, was der Kunde tut und möchte, dann weiss die Bank auch, wo alte Zöpfe abgeschnitten werden müssen und wo der Fokus neu zu setzen ist."
Zwei weitere Erkenntnisse, welche aus der Studie hervorgingen, wurden dann in das Gespräch eingebracht: "Die Frage nach der Relevanz der Daten ist in meinen Augen sehr spannend. Welche Daten stuft eine Bank als relevant ein und warum? Die aktuelle Uneinigkeit, die in der Studie herausgearbeitet wurde, ist doch erstaunlich in meinen Augen. Zugleich finde ich die multidimensionale Perspektive des Kundenwertes, also das, was der Kunde bisher gebracht hat und das, was er zukünftig noch bringen wird, sehr richtig und wichtig," so Dr. Stefan Naumann, Head of Capital Markets and Asset Management bei msgGillardon. "Die Frage, wie Banken mit diesen Daten Geld verdienen möchten, sollte uns mehr beschäftigen. Sonst wandern die Kunden wahrscheinlich früher oder später ab", bestärkte auch Johannes Willkomm diese Erkenntisse und Themen. Aus diesem Grund gelte es, diese zu priorisieren von Seiten der Banken.
Doch auch die Infrastruktur, die eine Zugänglichkeit in Echtzeit der Daten zuliesse, hätte bei den befragten Banken noch deutlich Optimierungspotential. "In meinen Augen ist das auch eine der grossen Herausforderung für Banken heute, um Kundenwissen nutzbar zu machen", so Prof. Dr. Nils Hafner abschliessend.