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Zukauf von Daten

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Adressdaten Selektierte und angereicherte Adressen und Daten zukaufen und nutzen – ein einfaches und risikoloses Unterfangen. So sehen das viele Unternehmen – aber sehen sie das richtig?

Werbung muss sein und darf sein. Sie gehört zum Wirtschaftsleben. Viel Nützliches wüssten wir ohne Werbung nicht. Allerdings würden wir ohne Werbung auch von viel Unnützem verschont. Was früher Handels- und Gewerbefreiheit hiess, ist seit dem 1. Januar 2000 in Artikel 27 der Bundesverfassung als Grundrecht der Wirtschaftsfreiheit verankert: «Die Wirtschaftsfreiheit ist gewährleistet. Sie umfasst insbesondere … den freien Zugang zu einer privatwirtschaftlichen Erwerbstätigkeit und deren freie Ausübung».
Und zur freien Ausübung gehört eben zum Beispiel auch Werbung. Auch nutzlose oder kontraproduktive. Das Schweizer Bundesgericht hat vor einigen Jahren erfrischend lapidar und richtig festgehalten, dass auch unnütze Werbung Werbung ist.
Das mag für Juristen interessant sein, aber für den Wirtschaftstreibenden ist unnütze Werbung nicht nur unnütz, sondern verursacht auch unnütze Kosten und Aufwand. Und es ist nichts als legitim – und vom Grundrecht der Wirtschaftsfreiheit alleweil umfasst – nach Wegen zu suchen, unnütze Werbung zu vermeiden.
Keine leichte Aufgabe, wie jeder Werbetreibende weiss. Aber was sich früher in ländlichen und sozial kleinräumigen Verhältnissen abspielte, ist ein Ding der Vergangenheit. Vorbei die Zeiten, wo die Nachbarin dem Schneider zuraunte, das hübsche Töchterchen von nebenan wünsche sich ein neues Kleidchen und der Vater lasse sich bestimmt überzeugen.
Da liegt es nahe, anstelle von knapp 8 Millionen Werbeschreiben an alle Einwohner der Schweiz nach Wegen zu suchen, wie man die paar tausend oder zehntausend findet, welche sich über die Werbeinformation freuen oder sie jedenfalls – sich über Werbung «freuen» ist vielleicht etwas gar ambitiös … – nicht ungelesen zum Altpapier werfen.
Und da wissen dann die Adressenhändler nicht immer guten, aber fast immer teuren Rat. Sie verkaufen selektierte, angereicherte, erfolgversprechende Adressen und sonstige Daten. Hundert häufige Restaurantbesucher in Zürich. Alle CIOs der tausend umsatzstärksten Unternehmen der Ostschweiz. Die 300 Abonnenten der Zeitung XYZ, die schon mal ein Buch beim Zeitungsverlag gekauft haben. Und so weiter.
Zukauf von Adressen und Daten: ein Routinegeschäft, einfach, diskret, nicht billig, aber immer noch billiger als unnütze Werbung – und problemlos.

Wirklich? Nein. 
Die Informatik hat Dinge möglich gemacht, die ohne Informatik nicht praktikabel waren. Selektionsläufe durch Datenbanken. Elektronische Übermittlung von Anreicherungsdaten zum Abfüllen in Adressdaten. Durchforsten von Internet und Facebook und Absaugen in Datenbanken – zwecks Weiterverkauf. Und «durchforsten» nicht etwa von Hand, sondern mit einer API, welche die Daten möglichst auch gleich der richtigen Adresse zuordnet. Achtlose Bürger, die alles Mögliche über sich ins Netz stellen, als Lieferanten von Informationen über sich selbst, die vor fünfzig Jahren viel zu mühsam zum Sammeln gewesen wären, heutzutage aber nur gerade mal ein Computersystem von Zeit zu Zeit etwas beschäftigen.
Das ist der Hintergrund der Datenschutzgesetzgebung, deren Wiege in Schweden stand und ins Jahr 1976 zurückreicht – aus heutiger Sicht geradezu prophetisch. Datenschutz ist Schutz des Bürgers (und in einigen europäischen Ländern, darunter Luxemburg und die Schweiz, auch Schutz des Unternehmens) vor dem Missbrauch von Daten über sich selbst. Wer mit Daten achtlos umgeht, verliert irgendwann einmal die Kontrolle darüber. Genau gesagt verliert er sie heutzutage wenige Tage, nachdem er sie in Facebook oder XING usw. der Öffentlichkeit preisgegeben hat. Wer aber nicht achtlos ist, dem gibt die Datenschutzgesetzgebung die Mittel zur sogenannten «informationellen Selbstbestimmung» in die Hand. Dieser Ausdruck geht – auch das geradezu prophetisch – auf ein Gutachten von zwei deutschen Professoren aus dem Jahr 1971 (!) zurück, und ist vor nicht allzu langer Zeit vom deutschen Bundesverfassungsgericht als Grundrecht des Bürgers anerkannt worden. Der Ausdruck ist überaus träf. Der Bürger kann, wenn er will, über seine ihn selbst betreffenden Informationen selber bestimmen. Die Datenschutzgesetzgebung aller europäischen Länder einschliesslich der Schweiz ist so konzipiert, dass der Bürger dieses Selbstbestimmungsrecht immer hat, und dass er es gegenüber jedem hat, der mit seinen Daten etwas macht, d.h. in der Sprache der Datenschutzrechtler diese Daten «bearbeitet». Der Ausdruck «bearbeiten» umfasst jeglichen Umgang mit Daten, vom Erfassen über Speichern, Ändern, Verkaufen bis zum Löschen.

Das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Bürgers «klebt» sozusagen an seinen Daten. 
Und das hat nun eben die Folge, dass der Zukauf von Adressen nicht problemlos ist. Der Adressen- oder Datenverkäufer wird ja üblicherweise – jedenfalls wenn es ein seriöser ist – zusichern, dass die Daten «in Ordnung » sind, dass alle nötigen «opt-ins» vorgelegen haben bzw. keine «opt-outs» unberücksichtigt blieben. Schön, denkt der Käufer, dann kann mir ja nichts passieren; wenn einer motzt, verweise ich ihn einfach an den Adressen-/Datenverkäufer.
Eben nicht. Das informationelle Selbstbestimmungsrecht des Bürgers klebt an seinen Daten. Der Bürger kann auch dem Zukäufer von Daten/Adressen verbieten, seine Adresse oder Telefonnummer zu Werbezwecken zu nutzen. Und das ist noch nicht alles. Er kann vom Werbenden (!) verlangen, ihm die Herkunft der Daten und vieles mehr zu nennen, und kann so den Weg «seiner» Daten lückenlos bis dorthin zurückverfolgen, wo einer irgendwoher Daten absaugte – und zwar gleichgültig ob legal oder nicht.
Und es ist keine gute Idee, diese Auskunft zu verweigern. Eine unvollständige oder gar verweigerte Auskunft ist auch strafbar. Auskunftspflichtig ist jeder, der die Daten hat, gleichgültig ob gekauft oder nicht. Das informationelle Selbstbestimmungsrecht klebt an den Daten.

Dr. Robert G. Briner ist Partner der Kanzlei CMS von Erlach Henrici AG. Der Rechtsexperte befasst sich seit 25 Jahren mit Technologierecht und ist Vortragender am Call Center Summit von ZfU.

Autor: Dr. Robert G. Briner

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