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Recht 2.0_Darf man sein Unternehmen auf Facebook verunglimpfen? Wann ist ein Tweet rein privat? Schwierige Antworten auf schwierige Fragen.

Man kann mir nicht den Mund verbieten! Haben wir denn hier keine Meinungsfreiheit mehr? Jeder darf ja doch wohl in dieser freien Schweiz noch seine Meinung sagen! Stimmt, und stimmt doch nicht. Die Meinungsfreiheit gibt es in der Schweiz tatsächlich. Sie ist in der Bundesverfassung (BV) in Artikel 16 als Grundrecht verankert. Danach ist die Meinungsfreiheit gewährleistet: Jede Person hat das Recht, sich ihre Meinung aus allen (legalen) Informationsquellen frei zu bilden. Das und nur das ist die Meinungsfreiheit. Auf Facebook & Co. steht aber die Meinungsäusserungsfreiheit zur Debatte. Artikel 16 BV fährt dann in der Tat fort, dass jede Person das Recht hat, ihre Meinung «ungehindert zu äussern und zu verbreiten ». Na also! Man darf sagen, was man will! Man darf auf Facebook schreiben, dass der Nachbar ein ?%*!@ ist, dass, scheints, der Arbeitgeber dauernd Minderjährigen nachschleicht, dass die Mutter der Schulfreundin grässlich geliftet ist. Wirklich? Zweifel kommen schon dann, wenn man nicht derjenige ist, der das auf Facebook schreibt, sondern derjenige ist, über den da geschrieben wird. Dann sieht es anders aus: Dem Saukerl müsste mal einer das Maul stopfen.

Meinungsfreiheit vs. Meinungsäusserungsfreiheit 
Aber die Meinungsäusserungsfreiheit steht doch in der Bundesverfassung? Das ist eben nicht die ganze Wahrheit. In der BV steht auch, in Artikel 36, dass Grundrechte auf gesetzlichem Weg eingeschränkt werden können, und zwar unter anderem dann, wenn das zum Schutz der Grundrechte der anderen nötig ist. Und damit kommen Dinge wie Menschenwürde, Achtung der Privatsphäre, Schutz vor körperlicher und seelischer Beeinträchtigung und vieles mehr ins Spiel: Alles, was nötig ist, damit man friedlich zusammenleben kann. Schon die alten Römer haben das erkannt, und wie so oft in einer prägnanten Kürzestformel zusammengefasst: «neminem laedere», «niemandem Schaden zufügen». Die Meinungsfreiheit ist trotzdem gewährleistet. Man darf meinen und denken, dass der Nachbar ein ?%*!@ ist. Aber es ist nicht immer erlaubt, diese Meinung «ungehindert zu äussern und zu verbreiten», trotz Meinungsäusserungsfreiheit, weil die ihre Grenzen hat.
Das musste eine junge Frau in St. Gallen erfahren, die im Rahmen einer politischen Auseinandersetzung auf einem Blog jemanden, mit dem sie ganz und gar nicht einig ging, als «truurige Mensch» und als «Seckel» bezeichnete. Sie wurde vom Gericht wegen Ehrverletzung verurteilt. Ihre Meinung stand gar nicht zur Debatte (Meinungsfreiheit), sondern die Meinungsäusserungsfreiheit, und die wird zum Beispiel durch die Bestimmungen im Strafgesetzbuch über Ehrverletzung eingeschränkt. Es gibt viele solche Einschränkungen von Grundrechten. Im Bereich von Facebook & Co. wird oft die Frage gestellt, ob man sich auf Facebook negativ über den Arbeitgeber äussern dürfe. Die Antwort ist «Nein», oder manchmal ist die typische Juristen-Antwort fällig, nämlich «das kommt darauf an». Worauf?
Der Grundsatz ist, dass der Arbeitnehmer seinem Arbeitgeber «Treue» schuldet. Im Obligationenrecht heisst es (Art. 321a OR), der Arbeitnehmer müsse die berechtigten Interessen des Arbeitgebers in guten Treuen wahren. Dazu gehört nach der pickelharten Rechtsprechung des Bundesgerichts, dass der Arbeitnehmer alles unterlassen muss, was dem Arbeitgeber wirtschaftlich schaden könnte (neminem laedere!). Dazu gehört auch, dass das Ansehen des Unternehmens nicht beeinträchtigt werden darf. Und zwar auch dann, wenn die rufschädigenden Äusserungen nachweislich wahr sind. Mit Urteil vom 29. Juni 1999 hat zum Beispiel das Bundesgericht eine fristlose Entlassung(!) bestätigt, welche der Arbeitgeber aussprach, weil sein Mitarbeiter bei Kunden erzählte, es gebe unbezahlte Rechnungen und ausstehende Löhne. Aber, so hört man gelegentlich, Facebook ist doch rein privat, was man seinen Freunden so alles erzählt, geht doch den Arbeitgeber nichts an. Doch, tut es. Wenn man auf Facebook einen (1) Freund hat, der auch selber keine anderen Freunde hat, geht das natürlich durch. Aber das ist nicht die Realität. Gerade auf Facebook und Twitter, wo man absolut keine Kontrolle darüber hat, welche Nachrichten wie und an wen weiterverbreitet werden, ist es geradezu der Normalfall (das Bundesgericht sagt jeweils, es «entspreche der gewöhnlichen Lebenserfahrung »), dass sich gerade süffige und hämische Bemerkungen in Windeseile in alle Welt verbreiten.

Whistleblowing 
Muss man tatenlos zuschauen, wenn es am Arbeitsort drunter und drübergeht, oder sogar Straftaten passieren? Wie ist das mit Whistleblowing? Da muss man jetzt scharf unterscheiden.
Tatenlos zuschauen muss man immer dann nicht, wenn es einen selber betrifft. Man darf sich wehren. «Neminem laedere» gilt auch für die anderen! Man darf reklamieren, den Lohn verlangen und einklagen – aber alles in geordneten Bahnen, nicht wie im Wilden Westen, nicht über eine Schlammkampagne auf Facebook. Umgekehrt ist nämlich auch gefahren: Kein Arbeitnehmer fände es lustig, wenn der Arbeitgeber auf seiner Marketingplattform auf Facebook herausposaunt, er habe gerade den Mitarbeiter S. Aufaus wegen Trunkenheit am Arbeitsplatz fristlos entlassen. Entlassen, ja. Auf Facebook ausposaunen, nein.
Der zweite Punkt: Whistleblowing, d. h., die vertrauliche Anzeige von Missständen, ist in der Schweiz gesetzlich (noch) nicht geregelt und kann den Arbeitnehmer unter Umständen in eine schwierige Situation bringen. Die Zeitungen haben ja über den einen oder anderen solchen Fall berichtet … Aber Whistleblowing hat ebenfalls nicht über Facebook und Twitter zu erfolgen. Es kann zur Treuepflicht des Arbeitnehmers gehören, Missstände anzuzeigen. Aber beim Arbeitgeber, nicht über Facebook und Twitter.
Dann halt anonym? Da kann der Jurist nur antworten, dass die Rechtmässigkeit nicht davon abhängt, ob man erwischt wird. Und weiter: Man hinterlässt viel zu viele Spuren im Internet, um sich auf Anonymität zu verlassen.

Dr. Robert G. Briner ist Partner der Kanzlei CMS von Erlach Henrici AG. Der Rechtsexperte befasst sich seit 25 Jahren mit Technologierecht und ist Vortragender am Call Center Summit von ZfU.

Autor: Dr. Robert G. Briner

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